AfD macht Druck AfD will Bundestagsvize durchbringen - Entweder Harder-Kühnel oder viel Ärger

Berlin · Die AfD will ihre Kandidatin Mariana Harder-Kühnel für das Amt des Bundestagsvize unbedingt durchbringen. Falls die Wunschkandidatin durchfällt, hat sich die Partei schon einiges überlegt, wie sie das Arbeiten im Bundestag für alle erschweren wird.

 Die AfD-Fraktion will ihre Abgeordnete Mariana Harder-Kühnel am Donnerstag unbedingt als Vizepräsidentin des Bundestags durchsetzen.

Die AfD-Fraktion will ihre Abgeordnete Mariana Harder-Kühnel am Donnerstag unbedingt als Vizepräsidentin des Bundestags durchsetzen.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Vor der entscheidenden Abstimmung am Donnerstag über das Amt der sechsten Bundestagsvizepräsidentin winkt die AfD mit Zuckerbrot und Peitsche. Zuckerbrot, das ist ihre Kandidatin Mariana Harder-Kühnel, eine moderat auftretende Juristin. Die Peitsche besteht in der Drohung, das Arbeiten im Bundestag für alle sehr ungemütlich zu machen, falls Harder-Kühnel durchfallen sollte.

AfD-Fraktionsgeschäftsführer Bernd Baumann hat bereits angekündigt, dass man dann in jeder Sitzungswoche einen neuen Wahlgang mit neuen Kandidaten auf die Tagesordnung setzen werde. „Das kostet wertvolle Zeit“. Es gibt noch weitere Folterinstrumente. So werden Reden zu später Stunde bisher meist schriftlich zu Protokoll gegeben, damit alle Abgeordneten vor Mitternacht nach Hause gehen können. Das, so die Drohung, müsse man nicht mehr mitmachen. Außerdem prüft die Partei eine Verfassungsklage. Zwar sei jeder Abgeordnete bei seiner Stimmabgabe frei, heißt es seitens der AfD. Doch könne er geltendes Recht auch nicht einfach ignorieren.

Geltendes Recht, das ist die Geschäftsordnung des Bundestages, nach der jeder Fraktion einer der sechs Vizepräsidentenposten zusteht. Jedoch muss der Betreffende geheim gewählt werden, also als Person eine Mehrheit finden. Daran scheiterte der erste AfD-Kandidat Albrecht Glaser drei Mal. Auch, weil er die Religionsfreiheit für Muslime in Frage gestellt hatte. Harder-Kühnel hat ebenfalls schon zwei gescheiterte Versuche hinter sich; der dritte Anlauf ist der letzte. Gegen sie liegen jedoch keine ähnlichen Bedenken wie gegen Glaser vor. Jedenfalls hat sie noch keiner öffentlich vorgebracht.

Die 44-jährige Juristin aus Gelnhausen, Hessen, hat in den letzten Wochen allen Parteien angeboten, sich vorzustellen, „als Zeichen der Neutralität“. Zwar bekam sie keine Auftritte vor den Fraktionen, jedoch gab es außer bei den Linken Gespräche in kleineren Runden. „Es war ein bisschen wie in der Prüfung“, schilderte Harder-Kühnel diese Treffen. „Die hatten sich gut über mich informiert und wollten wissen, wie ich ticke“.

Harder-Kühnel trat der AfD schon 2013 bei, noch zu den harmlosen Lucke-Zeiten. Motiv: Die mangelnde Integration vieler Ausländer, auch die Angst um ihre drei Töchter. Irgendeine Art von Rassismus oder Nazi-Verherrlichung ist bei ihr nicht auszumachen. Sie gehört keinem Flügel der Partei an. Nach ihrem juristischen Staatsexamen arbeitete sie unter anderem bei der großen Wirtschaftsberatungsgesellschaft Ernst&Young. Als Vizepräsidentin werde sie bei Verstößen gegen die Geschäftsordnung neutral sein; die Regeln müssten von allen eingehalten werden, sagte sie. Seit Beginn der Legislaturperiode ist sie schon Schriftführerin, gehört also zur Sitzungsleitung des Bundestages. „Ich hatte da oben noch nie ein Problem.“

Möglich, dass es am Donnerstag klappt. Die Unions-Fraktionsführung zum Beispiel will ihre Abgeordneten noch einmal auf den grundsätzlichen Anspruch der AfD hinweisen und auch deutlich machen, dass man gegen die Kandidatin selbst nichts hat. Bei der FDP hat Fraktionschef Christian Lindner schon öffentlich erklärt, dass er Harder-Kühnel wählen will, auch um der AfD keine weitere Gelegenheit zu geben, sich als „Märtyrer“ zu präsentieren. Helfen könnte, dass im dritten Wahlgang nicht mehr die absolute Mehrheit aller Abgeordneten erforderlich ist. Es reicht, wenn mehr Leute Ja als Nein stimmen. „Enthaltung ist vielleicht das Zauberwort“, sagte Harder-Kühnel vor Journalisten. Das sei der Kompromiss für jene, die jeden AfD-Bewerber grundsätzlich ablehnten, aber der Geschäftsordnung doch Genüge tun wollen.

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