Abgang: Wulffs schwerer letzter Tag in Bellevue

Der Bundespräsident wirkt beim Rücktritt gefasst.

Berlin. Schon ganz früh am Morgen kann man in Berlin spüren, dass dies ein denkwürdiger Tag wird. Vor dem Privathaus der Familie Wulff im Stadtteil Dahlem sind Fotografen aufgezogen. Christian (52) und Bettina Wulff (38) machen sich dort auf den Weg zum letzten Tag im Schloss Bellevue. Den Bundespräsidenten erreichen ein paar SMS, die ihm alles Gute und Mut für diesen schweren Gang wünschen.

Kurz nach 11 Uhr betritt Wulff mit seiner Frau den Großen Saal in seinem Amtssitz. Bettina Wulff blickt mit einem starren Lächeln ins Leere. Manche meinen, die Augen seien noch rot von Tränen. „Die Berichterstattungen, die wir in den vergangenen zwei Monaten erlebt haben, haben meine Frau und mich verletzt“, sagt Wulff. Er wirkt gefasst, aufrecht. Er betont, dass die anstehende rechtliche Klärung „zu einer vollständigen Entlastung“ führen werde. „Ich habe mich in meinen Ämtern stets rechtlich korrekt verhalten.“

Sehr bewusst hebt Wulff in seiner Rede seine Frau hervor, „die ich als eine überzeugende Repräsentantin eines menschlichen und eines modernen Deutschlands wahrgenommen habe. Sie hat mir immer — gerade auch in den vergangenen Monaten — und auch den Kindern starken Rückhalt gegeben.“

Aus seiner Umgebung heißt es, die Entscheidung zum Rücktritt sei schon am Abend zuvor gefallen, als die Staatsanwaltschaft Hannover den Antrag auf Aufhebung der Immunität stellte. Dass der Druck auf Wulff zunahm, habe mit dem Entschluss nichts mehr zu tun gehabt.

Unmittelbar nach der Erklärung eilen Wulff und seine Frau zu den wartenden Mitarbeitern des Präsidialamtes. Beifall empfängt das Paar, aber die Beklommenheit will nicht weichen. Ein paar Tränen fließen. Gegen 13 Uhr lassen sich die Wulffs nach Dahlem zurückfahren. Am Abend dann trifft das Ehepaar in seinem Haus in Großburgwedel bei Hannover ein.

Es waren 598 Tage im Amt.

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