Regierungsbildung : Immer mehr SPD-Politiker fordern Gespräche über große Koalition
Und die SPD bewegt sich doch: Die Fraktion verlangt von Schulz wenigstens Gespräche mit Merkel. Eine Fortsetzung der großen Koalition scheint plötzlich wieder denkbar.
Berlin. Kurz vor dem Gespräch von SPD-Chef Martin Schulz mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Donnerstag über eine Lösung der politischen Krise hat der Druck auf die Sozialdemokraten enorm zugenommen, ihren bisherigen Kurs zu verlassen. Nicht nur seitens der Union, sondern auch von innen. Mindestens ernsthafte Gespräche müsse es mit Angela Merkel geben, auch über eine erneute große Koalition, fordern immer mehr führende Genossen.
Dem Vernehmen nach will Schulz dem Bundespräsidenten zusagen, dass er zu solchen Gesprächen bereit ist. Mit allen Parteien. Und dass er keine Lösung von vornherein ausschließt. Zugleich will er aber die für die SPD wichtigen inhaltlichen Bedingungen nennen. Das ist eine bemerkenswerte Bewegung im Vergleich zum Beschluss vom Montag, den das SPD-Präsidium und der Vorstand nach dem Scheitern von Jamaika auf Schulz‘ Vorschlag hin einstimmig getroffen hatten. Er lautet: „Wir stehen für eine Große Koalition nicht zur Verfügung“ und: „Wir scheuen Neuwahlen nicht“.
Mindestens Letzteres stimmte schon wenige Stunden später in der SPD-Fraktion nicht mehr. Die gerade gewählten 153 Abgeordneten fürchten bei einem zweiten Urnengang um ihre Mandate. Zumal die SPD für einen Wahlkampf schlecht aufgestellt ist. Es sei nicht mal klar, wer Spitzenkandidat werde, sagte eine Abgeordnete. 55 Wortmeldungen wurden gezählt. Hart wurde kritisiert, dass Schulz den Vorstandsbeschluss veröffentlichte, noch bevor Bundespräsident Steinmeier seinen Auftritt absolviert hatte, in dem er alle Parteien eindringlich aufforderte, gesprächsbereit zu bleiben. Nun stehe man als Gesprächsverweigerer da. Von „freiwilliger Verzwergung“ ist in der SPD die Rede. Und davon, dass man so die Verantwortung für Neuwahlen zugeschoben bekomme. Diesen Schwarzen Peter müsse man Merkel überlassen, heißt es.