Herr Militärbischof, ist das Krieg in Afghanistan?

Martin Dutzmann betreut die Bundeswehrsoldaten in Afghanistan. Der evangelische Theologe fordert von der Bundesregierung ein klares Ausstiegsszenario.

Herr Dutzmann, angesichts der drei getöteten deutschen Soldaten in der afghanischen Provinz Kundus sprechen die Soldaten davon, dass dort Krieg herrscht. Die Bundesregierung sieht das nicht so. Sind deutsche Soldaten im Krieg?

Dutzmann: Völkerrechtlich herrscht dort kein Krieg. In den Augen der Soldaten ist das, was sie dort erleben, Krieg. Sie fahren raus, werden angegriffen, werden beschossen, verwundet und getötet. Was soll das für sie anderes sein als Krieg?

Dutzmann: Entscheidend ist für mich als Seelsorger, was mir die Soldaten sagen, wenn ich sie im Einsatz besuche und nicht, was die völkerrechtliche Definition ist. Ich bin dafür, die Dinge klar beim Namen zu nennen. Dort herrscht nach Einschätzung der Soldaten Krieg.

Dutzmann: Uneingeschränkt zum Einsatz zu stehen, ist schwierig. Ich stehe uneingeschränkt zu den Soldaten.

Dutzmann: Ich bin davon überzeugt, dass es unter bestimmten Bedingungen legitim sein kann, mit Gewalt für das Recht einzutreten. Dabei kann es im Extremfall notwendig sein, dass Soldaten (oder auch Polizisten) töten. Aber einen gerechten Krieg und gerechtes Töten gibt es nicht, weil hier gegen das Gebot Gottes "Du sollst nicht töten" verstoßen wird. Das ist und bleibt ein Dilemma.

Dutzmann: Die Bundesregierung muss klarer sagen, wohin sie will. Was ist das Ziel des Afghanistan-Einsatzes? Wann können die Soldaten abgezogen werden? Es ist ja nicht im Bereich des Unmöglichen, dass der Tag kommt, an dem mehr als drei Soldaten getötet werden.

Dutzmann: Ich befürchte, dass es dann zu einer Panik-Reaktion kommt, wenn es kein Ausstiegsszenario gibt. Daher muss die Regierung klar Stellung beziehen, was in einem solchen Fall passiert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort