Iran-Konflikt Heiko Maas: „Für Deeskalation brauchen wir die diplomatischen Kanäle zu Teheran“

Berlin · Außenminister Maas warnt vor weiterer Eskalation: „Drohungen nicht auf die leichte Schulter nehmen.“

 Bundesaußenminister Heiko Maas ist für ein Krisengespräch nach Paris aufgebrochen.

Bundesaußenminister Heiko Maas ist für ein Krisengespräch nach Paris aufgebrochen.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) fordert Teheran auf, die Tragödie um den Abschuss des ukrainischen Passagierflugzeugs weiter aufzuarbeiten. Über der Region schwebe nach wie das Damoklesschwert eines militärischen Konfliktes zwischen den USA und dem Iran, so Maas im Gespräch mit unserer Redaktion.

Herr Minister, der Iran hat den versehentlichen Abschuss der ukrainischen Passagiermaschine eingeräumt. Welche Folgen hat das für den USA/Iran-Konflikt?

Heiko Maas: Es war wichtig, dass der Iran diese Klarheit geschaffen hat. Nun muss Teheran mit den Staaten, die Opfer zu beklagen haben, besprechen, welche Lösungen man für die weitere Aufarbeitung dieser Tragödie findet. Wir hoffen nach den Signalen aus Washington, dass beide Seiten an einer Entschärfung der Spannungen interessiert sind. Aber auch wenn ein direkter militärischer Zusammenstoß für den Moment abgewendet scheint: Der Konflikt zwischen den USA und Iran schwebt wie ein Damoklesschwert über der Region. Unsere Bemühungen, eine erneute Eskalation zu verhindern, gehen deshalb unvermindert weiter.

Was erwarten Sie nun von Teheran?

Maas: Der wichtigste Beitrag zum Abbau der Spannungen wäre, wenn Iran sich wieder an seine Verpflichtungen aus der Wiener Nuklearvereinbarung hält und die Urananreicherung zurückfährt. Die Angst der Nachbarn, dass Iran doch nach Atomwaffen greifen könnte, erhöht das Risiko einer gefährlichen Eskalation ganz erheblich. Das machen wir gegenüber Iran immer wieder deutlich.

Wie groß ist die momentane Gefahr weiterer Racheakte des Iran?

Maas: Die vielfachen Drohungen, die in der letzten Woche aus Teheran zu hören waren, nehmen wir nicht auf die leichte Schulter. Auch wenn die Eskalationsspirale für den Moment gestoppt ist, lehrt uns die Erfahrung mit Iran, dass wir das nicht mit echter Entspannung gleichsetzen sollten. Iran hat jedenfalls offiziell erklärt, seine Reaktion auf die amerikanische Militäroperation sei abgeschlossen. Wir nutzen unsere Gesprächskanäle zu Teheran, um darauf zu drängen, dass es dabei bleibt.

Wer trägt aus ihrer Sicht die Verantwortung für die Eskalation im Mittleren Osten – Präsident Trump oder der Iran?

Maas: Das lässt sich nicht mit einem simplen „der eine oder der andere“ beantworten. Wir waren in den letzten Tagen im Krisenmodus ganz auf die Frage konzentriert, wie wir einen offenen militärischen Konflikt mit unabsehbaren Folgen verhindern. Klar ist: Iran hat mit seinen Drohungen gegen Israel, seiner Unterstützung für die Hisbollah, mit den Angriffen auf Öleinrichtungen und Tanker und zuletzt den Angriffen gegen die US-Botschaft in Bagdad immer weiter an der Eskalationsspirale gedreht. Die Militäraktion der USA hat aber auch nicht geholfen, Spannungen abzubauen.

Was muss Europa nun leisten?

Maas: Wir Europäer haben als Einzige belastbare Gesprächskanäle zu allen Seiten, die wir in dieser Situation in die Waagschale werfen müssen. Damit wir ernst genommen werden, müssen wir aber mit einer Stimme sprechen. Wir haben in Brüssel deshalb dem Chefaußenpolitiker der EU, Josep Borrell, ein Mandat erteilt, vor Ort Gespräche zu führen. Dies vor allem mit dem Ziel zu verhindern, dass der Irak in den Mühlen dieses Konflikts zerrieben wird und der IS-Terror zurückkehrt.

Hat Deutschland überhaupt noch Einfluss auf die Konfliktparteien?

Maas: Wir haben in den letzten Jahren viel in der Region und vor allem in Irak investiert, militärisch aber auch bei der zivilen Stabilisierung. Deutschland wird als Partner gesucht und ernst genommen. Wer eine militärische Konfrontation betreibt, schafft sich Raketen und Söldnertruppen an. Aber für Deeskalation und zivilen Wiederaufbau braucht man diplomatische Kanäle, und die haben vor allem wir Europäer.

Sie waren am Wochenende mit der Bundeskanzlerin in Moskau. Was erwarten Sie jetzt von Putin hinsichtlich des Konflikts mit dem Iran?

Maas: Russland trägt als Mitunterzeichner der Wiener Nuklearvereinbarung Verantwortung dafür, dass das Abkommen als Stabilitätsfaktor für die ganze Region erhalten bleibt und hat sich auch am Wochenende klar zu der Vereinbarung bekannt. Wir wollen, dass Moskau in den jetzt anstehenden Gesprächen hilft, Iran wieder zur Einhaltung der Spielregeln zu bewegen. Auch in Syrien kann Russland seinen Einfluss nutzen, um ein regionales Ausgreifen der Spannungen zu verhindern.

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