Grünen-Chef Özdemir: „Die Trennlinie ist nicht die Religion, sondern die Intoleranz“
Grünen-Chef Cem Özdemir über den Anschlag von Paris — und wie er von Pegida, AfD und Co. instrumentalisiert wird.
Berlin. Grünen-Chef Cem Özdemir (49) warnt vor einer Instrumentalisierung der Pariser Terrorattacke. Wer jetzt mit Ausgrenzung oder Gewalt reagiere, spiele den Attentätern in die Hände, sagt der gebürtige Schwabe Özdemir im Gespräch mit unserer Zeitung.
Herr Özdemir, sind die Ereignisse von Paris Wasser auf die Mühlen von Pegida und AfD?
Cem Özdemir: Es geht jetzt um Solidarität mit Frankreich, aber auch um Solidarität mit allen mutigen Journalisten und Karikaturisten weltweit. Pegida spricht selber von Lügenpresse und wendet sich damit gegen Toleranz, gegen Weltoffenheit, gegen europäische Werte. Ich finde es abenteuerlich, dass Pegida im Schlepptau mit der AfD jetzt behauptet, genau diese Werte verteidigen zu wollen.
Wie kann man eine Instrumentalisierung verhindern?
Özdemir: Indem wir deutlich machen, dass es um die Verteidigung von Meinungsfreiheit, von Bürgerrechten und Demokratie gegen jeglichen Fundamentalismus geht. Das ist das, was das europäische Abendland groß und stark gemacht hat. Ich kann mich ärgern, ich kann mich verletzt fühlen von Karikaturen, aber ich muss sie auch in Gottesnamen aushalten. Wer damit ein Problem hat, hat ein Problem mit demokratischen Werten und Europa. Zweitens müssen wir deutlich machen: Die Trennlinie ist nicht die Religion. Sondern es ist die Intoleranz. Auch Muslime sind schockiert und teilen die Trauer und die Wut. Sie sind ja oft genug selbst Opfer von Gewalt durch Fundamentalisten.
In Frankreich hat es jetzt Anschläge auf muslimische Einrichtungen gegeben. Fürchten Sie hierzulande um die Sicherheit der Muslime?
Özdemir: Solche Dinge geschehen ja auch schon bei uns. Das genau wollen die Attentäter aber: Sie wollen, dass mit Ausgrenzung oder gar Gewalt reagiert wird, damit sie leichter Nachwuchs rekrutieren können. Wir dürfen als Gesellschaft nicht darauf hereinfallen.