Tory-Grabenkämpfe drohen Rennen um Johnson-Nachfolge in Großbritannien gestartet

London · Das offizielle Auswahlverfahren für die Nachfolge Boris Johnsons hat begonnen. Zwei Bewerber stechen bereits als potenzielle Favoriten der Fraktion heraus - doch die Lieblinge der Parteibasis sind andere.

 Im Rennen um die Nachfolge des scheidenden britischen Premierministers Boris Johnson hat das offizielle Auswahlverfahren begonnen.

Im Rennen um die Nachfolge des scheidenden britischen Premierministers Boris Johnson hat das offizielle Auswahlverfahren begonnen.

Foto: dpa/Tayfun Salci

Im Rennen um die Nachfolge des scheidenden britischen Premierministers Boris Johnson hat am Dienstag das offizielle Auswahlverfahren begonnen. Kandidaten für das Amt des Tory-Parteichefs und damit auch des Premiers waren am 12. Juli aufgerufen, ihre Bewerbungen bis zum Abend (19 Uhr MESZ) einzureichen. Das zuständige Parteigremium der britischen Konservativen hatte die Hürde für eine Teilnahme am Montagabend nach oben geschraubt: Statt wie bisher 8 sind nun 20 Unterstützer aus der Tory-Fraktion nötig.

Von den bislang elf Frauen und Männern, die ihre Kandidatur angekündigt haben, erreichten Berichten zufolge bis zum frühen Abend mindestens fünf die notwendige Schwelle: Ex-Finanzminister Rishi Sunak, Handelsstaatssekretärin Penny Mordaunt, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Tom Tugendhat, Außenministerin Liz Truss und Chefjustiziarin Suella Braverman. Auch Finanzminister Nadhim Zahawi wurden gute Chancen zugerechnet, die erste Hürde zu überwinden.

Für Truss sprachen sich am Vormittag mit Kulturministerin Nadine Dorries und Brexit-Staatssekretär Jacob Rees-Mogg zwei Tories aus, die dem Premier zuletzt besonders loyal waren. Ihre Parteinahme für Truss gilt daher als Hinweis darauf, dass auch Johnson die Außenministerin unterstützt.

Truss präsentierte sich in einem Gastbeitrag im „Telegraph“ in dieser Woche als Kandidatin des rechten Flügels und mit dem Versprechen, Steuern zu senken. Sie positionierte sich damit als Alternative zu Ex-Finanzminister Rishi Sunak, der erst Steuern senken will, wenn die Wirtschaft wieder angekurbelt ist. Der Ex-Finanzminister wehrte sich in einer Rede an Unterstützer am Dienstag gegen Vorwürfe, er sei Johnson in den Rücken gefallen. Er lobte den scheidenden Premier ausdrücklich. „Ich werde mich nicht an der Negativität beteiligen, die Sie in den Medien gesehen und gelesen haben“, sagte Sunak.

Truss und Sunak gelten in politischen Kreisen bereits als Favoriten. Wie eine Umfrage der Webseite Conservative Home unter Parteimitgliedern ergab, sind an der Basis jedoch Penny Mordaunt und die bisher kaum in Erscheinung getretene Abgeordnete Kemi Badenoch beliebter. Das letzte Wort haben die Mitglieder, doch es ist fraglich, ob eine der beiden bis zur finalen Runde des Auswahlprozesses kommt.

Weitere Kandidatinnen und Kandidaten sind Ex-Gesundheitsminister Jeremy Hunt, Ex-Gesundheitsminister Sajid Javid sowie der Abgeordnete Kemi Rehman Chisthi. Innenministerin Priti Patel teilte am Dienstag überraschend mit, dass sie keine Kandidatur einreichen werde. Verkehrsminister Grant Shapps zog seine Bewerbung bereits zurück und stellte sich hinter Sunak.

Am Mittwoch soll die erste Abstimmungsrunde in der Fraktion stattfinden. Wer dann die Hürde von 30 Unterstützern verfehlt, fliegt raus. Am Donnerstag ist eine weitere Runde geplant. Sollten dann noch mehr als zwei Kandidaten im Rennen sein, soll das Prozedere am kommenden Montag fortgesetzt werden. Die beiden letzten Kandidaten sollen sich über den Sommer einem Auswahlprozess der Parteimitglieder stellen. Eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger für Johnson soll dann am 5. September gekürt werden.

Um einen rascheren Abschied Johnsons aus dem Regierungssitz 10 Downing Street zu erzwingen, wollte die oppositionelle Labour-Partei am Mittwoch ein Misstrauensvotum im Parlament abhalten. Die Regierung blockte das jedoch ab. Es galt ohnehin als unwahrscheinlich, dass der Vorstoß Erfolg gehabt hätte. Trotzdem ist die Ablehnung des Labour-Antrags ein Bruch von Konventionen. Labour warf der Regierung vor, Angst vor einer Niederlage gehabt zu haben.

(dpa)
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