Gaucks Besuch in Polen wird zum Heimspiel im Ausland

Bei seiner ersten offiziellen Reise verbreitet der frisch gewählte Bundespräsident viel Optimismus und Zuversicht.

Warschau. Das Bild zeigt einen Westernhelden als Streiter für Freiheit und Gerechtigkeit. Der polnische Staatschef Bronislaw Komorowski überreicht Joachim Gauck dieses Plakat der Solidarnosc-Bewegung aus dem Wendejahr 1989 als Geschenk.

In diesem Moment ist der neue Bundespräsident endgültig von der Herzlichkeit des Empfangs überwältigt. Lang und innig umarmt der ehemalige DDR-Bürgerrechtler den früheren Solidarnosc-Aktivisten Komorowski. Die beiden verbindet der jahrzehntelange Kampf gegen die kommunistische Unterdrückung.

Für Gauck ist dieser Antrittsbesuch ein Heimspiel im Ausland. „Polen ist das Land der Freiheit in Europa schlechthin. Und ein Liebhaber der Freiheit wie ich wird sich immer dort heimisch fühlen, wo die Freiheit zu Hause ist“, sagt der Bundespräsident.

Auch das erste Riff der diplomatischen Peinlichkeit umschifft der neue Bundespräsident souverän. Er plaudert zwar aus, das Solidarnosc-Plakat bereits zu Hause im Wohnzimmer hängen zu haben.

Doch dann bemerkt Gauck die versteckte Unhöflichkeit, seinen Gastgeber auf den Missgriff hingewiesen zu haben. Schnell fügt er hinzu: „Nun habe ich zwei Plakate, eins für daheim und eins für mein neues Präsidentenbüro.“

Ansatzpunkte für Kritiker finden sich kaum bei dieser ersten Auslandsreise des neuen Bundespräsidenten. Einige Unebenheiten sind zu entdecken. Gauck redet viel und schnell bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Komorowski und bringt so die Übersetzerin in Bedrängnis.

Die Protokollbeamten winken am Ende ungeduldig, weil bereits Ministerpräsident Donald Tusk wartet. Doch der scherzt noch schnell über das Alter des polnischen Staatschefs, der 13 Jahre jünger ist als er selbst mit seinen 72 Jahren. „Der Präsident hat ein deutsch-polnisches Rockkonzert ins Gespräch gebracht. Da habe ich mich gefragt, wie alt er eigentlich ist“, neckt Gauck seinen Gastgeber. Den Satz unterschlägt die Dolmetscherin kurzerhand.

Die beiden Präsidenten versprühen Lust auf Zukunft. „Wir haben konkrete Pläne geschmiedet und Ideen entwickelt“, berichtet Gauck. Die Fragen der deutsch-polnischen Vergangenheit geraten fast aus dem Blick.

Kein Wort fällt zu Flucht und Vertreibung. Kurz und bündig erklärt Gauck seine Sicht: „Die Offenheit und Herzlichkeit, die ich hier erlebe, ist nie selbstverständlich zwischen unseren Völkern. Ich weiß um die Brutalität, mit der Deutsche über Polen hergefallen sind. Aber wir waren nie so weit weg von der Last der Geschichte und noch nie so nah an einer guten Zukunft wie heute.“

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