Kampf gegen das Insektensterben : Fürsprecher der Insektenvielfalt: "Globale Welle" ging von Krefeld aus
Der Verlust der Biodiversität hat dramatische Folgen. Seit erste Daten vorliegen, wächst die Zahl der Menschen, die das Thema Insektensterben ernst nehmen.
Bielefeld. Zwischen Krefeld und Bielefeld liegen knapp 200 Kilometer. Die allermeisten Krefelder Insekten werden diese Strecke nie überwinden. Aber dass statt ihrer an diesem Tag auf Einladung der Bertelsmann-Stiftung 120 Wissenschaftler, Umweltschützer und Unternehmensvertreter zu einer Konferenz vis-à-vis des Bielefelder Hauptbahnhofs zusammenkommen, um sich Gedanken über den Wert von Insekten zu machen, hat viel mit Krefelder Fliegen, Käfern und Mücken zu tun.
Josef Tumbrinck, NRW-Vorsitzender des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), spricht inzwischen von einer „globalen Welle“, die vom Entomologischen Verein Krefeld ausgelöst wurde. Selbst die „New York Times“ interessiert sich für Insekten vom Niederrhein. Oder besser: für ihr Verschwinden. Denn seit die Erkenntnisse der ehrenamtlichen Krefelder Insektenexperten mit Unterstützung britischer und niederländischer Wissenschaftler im Oktober in der Online-Fachzeitschrift „Plos One“ veröffentlicht wurden, ist diese Zahl in aller Munde: Zwischen 1989 und 2016 ist an den vom Verein überwiegend im Rheinland betriebenen Messfallen das Insektenaufkommen um 76 Prozent zurückgegangen.
Damit gibt es jetzt Datenmaterial, wo bisher nur ein Gefühl war: „Die Autoscheibennummer kennen alle“, sagt Tumbrinck. Während man früher nach einer Autobahnfahrt mühsam die Insekten von der Windschutzscheibe kratzen musste, klebt da heute kaum noch etwas. Im Mai 2015 griff der Nabu erstmals die Krefelder Erfahrungen auf, im Januar 2016 lud der Umweltausschuss des Bundestages zur Anhörung. „Seither hat das Thema politische Flughöhe erreicht“, sagt der Nabu-Vorsitzende.