FDP weist Bericht über angebliche Wulff-Nachfolgeregelung zurück

Für den Bundespräsidenten gibt es in der Kredit- und Medienaffäre keine Ruhe. Immer neue Vorwürfe werden erhoben. Angeblich ist man sich in der Koalition für den Fall der Fälle bereits über eine Nachfolgeregelung einig. „Blanker Unsinn“, heißt es dazu aus der FDP.

Berlin (dpa). Die FDP hat einen Zeitungsbericht zurückgewiesen, wonach sich die Parteichefs der schwarz-gelben Koalition bereits auf ein Nachfolgeverfahren im Falle eines Rücktrittes von Bundespräsident Christian Wulff verständigt haben sollen. „Das ist blanker Unsinn“, hieß es dazu in der Nacht zum Samstag aus Führungskreisen der FDP.

Die „Rheinische Post“ (Samstag) hatte berichtet, dass sich die CDU-Vorsitzende, Bundeskanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler auf ein Verfahren zur Nominierung eines neuen Kandidaten geeinigt hätten. Sollte sich herausstellen, dass der wegen seiner Kredit- und Medienaffäre unter Druck stehende Wulff nicht in allen Punkten die volle Wahrheit gesagt habe, wollten die drei Parteichefs das Staatsoberhaupt nicht weiter unterstützen, hieß es unter Berufung auf Regierungskreis. Angeblich soll dann ein neuer Kandidaten präsentiert werden, den Rot-Grün nicht ablehnen könne.

Unterdessen griff SPD-Chef Sigmar Gabriel Wulff scharf an. „Es ist schlimm, dass der Bundespräsident es so weit hat kommen lassen. Diese ganze Auseinandersetzung ist unwürdig und abstoßend“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Gabriel warf Wulff und Bundeskanzlerin Merkel vor, die bürgerlichen Werte zu zerstören. „Christian Wulff und Angela Merkel verschieben die Maßstäbe für Anstand, Respekt, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit in der Politik in die falsche Richtung.“ Der Bundespräsident meine, Sonderregeln für sich geltend machen zu können, sagte Gabriel.

Merkel hatte sich am Freitag hinter Wulff gestellt. Regierungssprecher Steffen Seibert versicherte: „Die Bundeskanzlerin hat große Wertschätzung für Christian Wulff“ - als Mensch und als Bundespräsident. Die Erklärungen Wulffs in seinem Fernsehinterview am Mittwoch seien ein wichtiger Schritt gewesen, das Vertrauen der Bürger wiederherzustellen.

Der Regierungssprecher fügte hinzu: „Es wird so sein - und da hat die Bundeskanzlerin volles Vertrauen - , dass der Bundespräsident auch alle weiteren relevanten Fragen mit der gleichen Offenheit beantworten wird, sollten noch welche auftauchen.“

Wulff steht wegen eines Kredits für sein Privathaus und kostenlosen Urlaubsaufenthalten bei Freunden - beides in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident - seit Wochen in der Kritik. Zudem wird Wulff ein Anruf bei „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann angekreidet, mit dem er Einfluss auf eine geplante Berichterstattung der Zeitung über seinen Hauskredit hatte nehmen wollen.

Nach Informationen von „stern.de“ bat Wulff in dem Anruf vom 12. Dezember um Aufschub der Berichterstattung, drohte aber auch. Er schlug demnach vor, dass man sich direkt nach seiner Rückkehr von einer Auslandsreise zusammensetzt. „Dann können wir entscheiden, wie wir Krieg führen wollen“, heißt es laut „stern.de“ in der Aufzeichnung des Anrufs.

Wulff habe zudem angekündigt, im Konflikt mit dem Blatt selbst an die Öffentlichkeit gehen zu wollen. Er werde am 14. Dezember - also zwei Tage nach dem Anruf - in Berlin zusammen mit seiner Frau Bettina eine Pressekonferenz geben. Dabei werde es um die Methoden der „Bild“-Zeitung gehen. Tatsächlich hat es eine solche Pressekonferenz nie gegeben.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, forderte den Bundespräsidenten zu einer Selbstanzeige auf. „Das bietet Christian Wulff die Chance, die Debatte zu beenden und seine Glaubwürdigkeit wiederherzustellen“, sagte Oppermann der „Rheinischen Post“. „Wenn Wulff sicher ist, dass kein Verstoß gegen das niedersächsische Ministergesetz vorliegt, spricht doch erst recht nichts dagegen, in einem solchen Selbstreinigungsverfahren dies auch feststellen zu lassen“, sagte Oppermann.

Nach Artikel 40 der niedersächsischen Landesverfassung können Mitglieder der Regierung Vorwürfe eines Verfassungs- oder Gesetzesverstoßes vom Staatsgerichtshof in Bückeburg überprüfen lassen. Dies gilt auch für ehemalige Regierungsmitglieder. Wulffs Anwälte bestreiten, dass er gegen das Ministergesetz verstieß. Dieses verbietet Regierungsmitgliedern die Annahme von Geschenken in Bezug auf ihr Amt.

Am Freitag wurden gegen Wulff auch Vorwürfe wegen seiner früheren Tätigkeit als VW-Aufsichtsrat laut. VW-Investoren halten ihm nach einem Bericht der „Wirtschaftswoche“ vor, während der Übernahmeschlacht von Porsche und Volkswagen Pflichten verletzt zu haben. So habe er - als niedersächsischer Ministerpräsident Mitglied im VW-Kontrollgremium - nicht verhindert, dass Anleger getäuscht worden seien.

Die Investoren fordern dem Bericht zufolge knapp 1,8 Milliarden Schadensersatz. Ähnliche Vorwürfe sind auch schon gegen die VW-Führung und Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch erhoben worden. Sie hatten dies aber stets zurückgewiesen.

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