Strafzahlungen : Kliniken bleiben auf Kosten sitzen
Düsseldorf Krankenhäuser beklagen, dass ihr soziales Engagement für Patienten bestraft werde. Krankenkassen begrüßen Strafzahlung bei falscher Abrechnung.
„Strafe für soziale Verantwortung? Schluss damit! Wenn Krankenhäuser Patienten nicht entlassen können, weil die Anschlussversorgung (Häusliche Situation, Kurzzeitpflege, Reha-Platz) nicht gewährleistet ist, müssen sie 300 Euro Strafe zahlen.“ – Der Appell an die Bundestagsabgeordneten, den Krankenhäuser derzeit per Zeitungsannoncen in die Öffentlichkeit bringen, klingt dramatisch. Und liest man ihn so, wie die Krankenhäuser ihn formulieren, bleibt nur ein Schluss: Es widerfährt ihnen in der Tat eine schreiende Ungerechtigkeit.
Und doch, die Sache lässt sich auch ganz anders sehen. Nämlich aus der Perspektive der Krankenkassen, die ja die Beitragsgelder ihrer Mitglieder verwalten. Diese sehen die von den Krankenhäusern bemängelte Regelung nur als konsequent an. So sagt Martin Litsch, Vorstandschef des AOK-Bundesverbands: „Dass nachgewiesen fehlerhafte Krankenhausabrechnungen eine Strafe zur Folge haben, ist elementar und konsequent.“
Mindestens 300 Euro Strafe, wenn die Klinik falsch abrechnet
Es klingt, als sprächen die Beteiligten von ganz unterschiedlichen Vorgängen. So ist es aber nicht. Es geht um ein vom Bundestag im vergangenen Dezember verabschiedetes Gesetz, durch das unter anderem auch der § 275 c Sozialgesetzbuch V geändert wurde. Die Vorschrift regelt die Abrechnung von Kosten, die die Krankenhäuser den Krankenkassen in Rechnung stellen. Der Paragraf sieht vor, dass die Klinik der Krankenkasse für jede unberechtigt zu hohe Rechnung (auch wenn es nur um kleine Fehler geht) mindestens 300 Euro Strafe zahlen muss. Die Strafe kann aber auch höher ausfallen: nämlich bis zu zehn Prozent des zu hoch in Rechnung gestellten Betrages. Da kann die von der Klinik an die Krankenkasse zu zahlende Strafe dann auch schnell in vierstelliger Höhe liegen.
Die Idee hinter der strengen Neuregelung liegt auf der Hand: Es soll sich für die Krankenhäuser nicht lohnen, es einfach mal mit einer zu hoch ausgestellten Rechnung zu versuchen und darauf zu hoffen, damit durchzukommen. Und dabei allenfalls zu riskieren, weniger erstattet zu bekommen. Sie sollen durch die Strafandrohung von falschen Rechnungen abgehalten werden.
Trotz dieses nachvollziehbaren Gedankens ist die Deutsche Krankenhausgesellschaft, wie sie in ihrem Appell an die Bundestagsabgeordneten schreibt, „entsetzt und empört“. Und argumentiert: „Es ist allen Beteiligten bekannt, dass etwa 50 Prozent der beanstandeten Krankenhausabrechnungen weder Fehler noch Versäumnisse der Krankenhäuser zu Grunde liegen.“ Dass die Rechnungen oft höher ausfallen als gesetzlich erlaubt, liege daran, dass die Krankenhäuser ihrer sozialen Verantwortung gerecht würden. Weil sie nämlich Patienten, wenn die von den Krankenkassen zu bezahlende Behandlung abgeschlossen ist, noch länger betreuen.