Ethikrat verlangt mehr Aufklärung der Bürger über Organspenden

Wann ist der Mensch tot? Die Frage war von jeher umstritten. In der aktuellen Diskussion um den Hirntod und die Organspende versucht der Ethikrat, eine Orientierung zu geben.

Ethikrat verlangt mehr Aufklärung der Bürger über Organspenden
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Berlin (dpa). Der Deutsche Ethikrat hat mehr Transparenz und Aufklärung der Bürger rund um das Thema Organspende gefordert. „Jeder Mensch muss die Möglichkeit haben, seine individuelle Entscheidung zur Organspende auf der Grundlage hinreichender Informationen zu treffen. Dies gilt auch für die Frage, wann der Mensch tot ist“, erklärte das Gremium am Dienstag in Berlin.

Der Ethikrat sieht im Hirntod eines Menschen weiterhin die Voraussetzung für eine Organentnahme. Er forderte die Ärzteschaft auf, für eine verlässliche Hirntoddiagnostik die Praxis kontinuierlich dem wissenschaftlichen Stand anzupassen. Die Fachkompetenz sollte durch eine entsprechende Aus- und Weiterbildung gewährleistet werden.

Ungereimtheiten bei der Verteilung von Spenderorganen an mehreren Kliniken und bei der Feststellung des Hirntodes sorgten in der Vergangenheit für große Verunsicherung in der Bevölkerung. Zuletzt ging die Bereitschaft zurück, Organe zu spenden. „Um das Vertrauen in die Transplantationsmedizin zu stärken, sind Transparenz und eine offene gesellschaftliche Diskussion notwendig“, erklärte der Ethikrat weiter.

Das Gremium empfiehlt zudem, Information und Kommunikation in den Gesprächen mit Angehörigen von hirntoten Patienten zu verbessern. In allen Bundesländer sollten die rechtlichen Voraussetzungen für einen Transplantationsbeauftragen in Entnahmekrankenhäusern geschaffen werden. Für den Prozess der Organspende sei dieser unerlässlich.

Dem 2007 ins Leben gerufenen Beratungsgremium gehören 26 Mitglieder an, die „in besonderer Weise“ für naturwissenschaftliche, medizinische, theologische, philosophische, ethische, soziale, ökonomische und rechtliche Belange stehen.

Die Frage, wann der Mensch tot ist, ist bis heute umstritten. Eine Mehrheit des Ethikrates ist der Auffassung, „dass der Hirntod ein sicheres Todeszeichen ist“. Eine Minderheit hält den Hirntod nicht für den Tod des Menschen, weil wesentliche Organfunktionen - wenn auch maschinell - noch aufrechterhalten würden. Allerdings sehen auch die drei abweichenden Positionen im Hirntod „die Rolle eines notwendigen Entnahmekriteriums“.

Der Essener Mediziner Eckhard Nagel, der das Sondervotum unterzeichnet hatte, hielt dem Ethikrat vor, mit seiner Stellungnahme die Verunsicherung in der Bevölkerung weiter zu schüren. Der Direktor des Universitätsklinikums Essen sagte der dpa, in manchen Formulierungen des Rates schwinge der Verdacht mit, die Aufrechterhaltung der Lebensfunktionen im Umfeld der Hirntoddiagnostik instrumentalisiere den Sterbenden als Organspender.

Nagel hielt dem entgegen: „Der ärztliche Behandlungsauftrag konzentriert sich auf das Wohl des Patienten und nicht auf eine theoretische Möglichkeit zur Organspende.“ Er sieht daher auch keinen Handlungsbedarf des Gesetzgebers. Anders die Mehrheit des Rates - etwa bei Frage, ab wann der Schutz des Arztes sich auf die Spenderorgane konzentrieren kann.

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