Sozialkassen Entlastung für Millionen Betriebsrentner in Sicht

Düsseldorf · CDU und SPD wollen geringere Abzüge bei der Sozialversicherung. Pro Jahr geht es um etwa 2,6 Milliarden Euro.

Millionen Betriebsrentnern winkt eine Entlastung.

Millionen Betriebsrentnern winkt eine Entlastung.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Gute Nachricht für viele der rund sechs Millionen Betriebsrentner in Deutschland: Ihnen winkt eine Entlastung in Milliardenhöhe. Nachdem der CDU-Parteitag in Hamburg überraschend einen entsprechenden Beschluss gefasst hat, dürfte im Bundestag eine Mehrheit für die gesetzliche Änderung gegeben sein. Denn auch die SPD will diesen Weg gehen.

Seit 2004 werden Ruheständler, die gesetzlich krankenversichert sind und eine Betriebsrente beziehen, heftig zur Kasse gebeten. Sie zahlen auf ihre Zusatzvorsorge den vollen Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) samt Zusatzbeitrag. 2018 sind das im Bundesdurchschnitt 15,6 Prozent. Dazu kommen noch 2,55 Prozent Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung für Rentner mit Kindern. 2,8 Prozent sind es für Rentner, die keine Kinder haben.

Die Belastung geht zurück auf ein Gesetz der rot-grünen Bundesregierung aus dem Jahr 2003. Damals galt es, die schwierige Finanzlage der GKV zu stabilisieren. Bis dahin war auf Betriebsrenten nur der halbe Beitragsatz fällig. Wurde die Zusatzvorsorge als Kapitalleistung auf einen Schlag ausbezahlt, gingen die Sozialkassen komplett leer aus.

Für großen Unmut sorgte, dass das Gesetz auch in schon bestehende Verträge eingriff. „Es war ein Vertrauensbruch, dass die seit 2004 gültige gesetzliche Änderung auch rückwirkend für Altverträge wirksam war und ist“, urteilt Ines Verspohl, Referentin für Gesundheitspolitik beim Sozialverband VdK Deutschland. Damit wischte die Politik die Finanzplanung von Millionen Sparern vom Tisch. Knapp ein Fünftel der betrieblichen Vorsorge geht seitdem in vielen Fällen verloren.

Rückabwicklung würde etwa
40 Milliarden Euro kosten

Unbelastet bleiben nur Renten bis zur Freigrenze, die 2018 bei 152,25 Euro im Monat liegt. Die Freigrenze funktioniert nicht wie ein Freibetrag: Nur wer maximal 152,25 Euro bekommt, zahlt davon nichts an die Sozialversicherung. Wer darüber liegt, muss auf die komplette Betriebsrente Beiträge zahlen.

Im Falle einer einmaligen Kapitalausschüttung wird die Summe aufgeteilt. Der Rentner muss den Kassen dann zehn Jahre lang, also 120 Monate, jeden Monat Sozialbeiträge für 1/120 der Auszahlung überweisen. Die Freigrenze gilt auch hier.

Unklar ist, wie Union und SPD die Entlastung der Betriebsrenten regeln wollen. Eine Rückkehr zum rechtlichen Status des Jahres 2003 (fällig wäre nur noch der Arbeitnehmeranteil, und es gäbe Beitragsfreiheit bei Kapitalausschüttung) würde die Sozialkassen pro Jahr 2,6 Milliarden Euro kosten. Erheblich teurer wäre es, wenn die Doppelbelastung seit 2004 rückgängig gemacht würde. Alle Betriebsrentner erhielten dann die halben Beiträge aus 14 Jahren erstattet. Laut Bundesgesundheitsministerium beliefen sich die Kosten auf etwa 40 Milliarden Euro. Angesichts dieses gewaltigen Volumens dürfte es dafür keine politische Mehrheit geben.

Denkbar ist auch, dass die Freigrenze auf 250 Euro im Monat erhöht wird. Damit würden mehr Renten beitragsfrei gestellt. Erhalten bliebe dann aber das Problem, dass alle Ruheständler, deren Betriebsrente über dem Freibetrag liegt, auf die komplette Summe Sozialbeiträge entrichten müssten. Wahrscheinlicher ist deshalb die Lösung, die bisherige Freigrenze in einen Freibetrag umzuwandeln, von dem alle profitieren.

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