Die Renten sind sicher – die Rentenbeiträge nicht

Das Bundeskabinett hat ein Gesetz beschlossen, das Kürzungen der Altersbezüge trotz sinkender Löhne und Gehälter ausschließt – für alle Zeiten.

Berlin. Die Bundesregierung hat auf Prognosen reagiert, wonach die Renten im kommenden Jahr wegen der Wirtschaftskrise erstmals seit Einführung der Rentenversicherung 1957 schrumpfen könnten. Eine am Mittwoch vom Kabinett verabschiedete Schutzklausel schließt Rentenkürzungen ein- für allemal aus. An dem Grundsatz, dass die Renten an die Lohnentwicklung gekoppelt sind, will die Regierung aber festhalten.

Bei der Berechnung der Renten wird regelmäßig das durchschnittliche Bruttoeinkommen des Vorjahres zugrunde gelegt. Steigen die Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer, werden die Renten im Folgejahr entsprechend angehoben. Sinken sie, müssten auch die Renten vermindert werden. Dieser Fall ist zwar noch nie eingetreten. Aber die aktuelle Wirtschaftskrise ist auch in anderer Hinsicht beispiellos.

Einige Experten haben jedenfalls vorgerechnet, dass die vielfach in Anspruch genommene Kurzarbeiter-Regelung die durchschnittlichen Einkommen der Beschäftigten empfindlich dämpft- und damit die Renten. Die Bundesregierung selbst hält diese Prognose allerdings für falsch und sagt, sie wolle mit ihrer Schutzklausel lediglich auf Nummer sicher gehen.

Langfristig müssen das die Rentner selbst. Denn die Schutzklausel sieht vor, mögliche Mehrausgaben durch eine Halbierung der Rentenerhöhungen von 2011 an auszugleichen. Der Freiburger Experte Bernd Raffelhüschen hält es nicht für unwahrscheinlich, dass sich die 20 Millionen Rentner auf dauerhafte Nullrunden einstellen müssen, womöglich bis 2020.

Die Große Koalition hat im vergangenen Jahr die Altersbezüge überplanmäßig erhöht - und zwar durch eine Aussetzung des Riester-Faktors für zunächst zwei Jahre. Er gehört seit 2003 zu den bekanntesten Faktoren, die wegen der Alterung der Gesellschaft den Rentenanstieg mindern sollen.

Bei Erhöhungen der Altersbezüge sorgt der Riester-Faktor für einen jährlichen Abschlag um 0,6 Prozentpunkte. Ziel soll ein verringerter Anstieg der Beiträge zur Rentenversicherung sein, damit die Arbeitnehmer Luft bekommen, einen Teil ihres Einkommens in einen Riester-Vertrag zu leiten. Die Aussetzung des Faktors kostet zwölf Milliarden Euro. Auch in diesem Fall sollen die Rentner den kleinen Zuschlag selbst bezahlen: Bis 2013 soll der Bonus verrechnet werden.

Kommt es tatsächlich zu Mehrausgaben, die nicht oder nicht schnell genug kompensiert werden, droht mittelfristig ein Anstieg der Beiträge zur Rentenversicherung. Professor Raffelhüschen rechnet mit einem weiteren Prozentpunkt bis 2015 auf dann 21 Prozent. Ähnliches befürchtet der frühere Chef der Wirtschaftsweisen, Professor Bert Rürup.

Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) versichert dagegen, Jüngere müssten keine zusätzlichen Lasten tragen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält ausdrücklich daran fest, dass die Rentenbeiträge bis 2020 nicht über die 20-Prozent-Marke steigen sollen.

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