Die Islamisten auf Siegeszug in Nordafrika

Die PJD wird bei der Wahl in Marokko stärkste Kraft. Der König will ein anderes Bündnis.

Rabat. Nach dem sich abzeichnenden Sieg der Islamisten in Marokko knallten nicht die Sektkorken — die Partei spendierte eine Runde Tee. Der Generalsekretär der islamistischen „Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei“ (PJD), Abdelilah Benkirane (57), jubelte: „Das Ergebnis ist noch besser als erwartet.“ Nach einem vorläufigen Resultat wurde die PJD stärkste Partei, braucht aber säkulare Partner zum Regieren. Wenn die Bildung einer Koalition gelingt und König Mohammed VI. mitspielt, könnte somit nach Tunesien auch Marokko einen islamistischen Regierungschef bekommen.

Die Parlamentswahl galt als Test für jene Reformen, mit denen König Mohammed versucht, die auch in seinem Land wachsenden Proteste zu beruhigen. Im Sommer hatte Mohammed sein Volk über eine Verfassungsreform abstimmen lassen, mit der Regierung wie Parlament mehr Befugnisse erhalten und die bisherige Allmacht des Monarchen leicht eingeschränkt wird. So kann der König nicht mehr willkürlich einen Günstling als Regierungschef bestimmen, sondern muss diesen aus der Reihe der stärksten Parlamentsfraktion ernennen. Bisher war der Königspalast das Zentrum der politischen wie wirtschaftlichen Macht Marokkos.

Auch wenn sich die Islamisten optimistisch gaben, dass sie den künftigen Regierungschef stellen werden, war zunächst unsicher, ob ihnen dies auch gelingen wird. „Wir sind für die Kooperation mit anderen Parteien offen“, sagte ein PJD-Sprecher. Die bisherige Regierungspartei, die konservative Istiqlal des jetzigen Ministerpräsidenten Abbas el Fassi (71), bot sich bereits als Partner an. Die PJD, die ähnlich wie Tunesiens erfolgreiche Islamisten als gemäßigte religiöse Partei gilt, hat sich den Kampf gegen Korruption, Ungerechtigkeiten und für weitere Demokratisierung auf die Fahnen geschrieben.

Zwar haben die Islamisten als Einzelpartei die meisten Stimmen erhalten, doch eine vom König favorisierte Acht-Parteien-Koalition namens „Allianz für Demokratie“ hat zusammen wohl mehr als 100 Abgeordnete und damit mehr Parlamentssitze erobert. Ein Sprecher dieser königsloyalen Allianz, in der die Zentrumspartei RNI des bisherigen Wirtschaftsministers Salaheddine Mezouar (57) und die monarchistische PAM den Ton angeben, sprach von einem „Sieg für die Demokratie“.

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