Der Paukenschlag von Düsseldorf

SPD-Landeschefin beendet Spekulationen über Kanzlerkandidatur.

Düsseldorf. Es war ein Paukenschlag für die NRW-SPD: In einer Sondersitzung der Landtagsfraktion in Düsseldorf beendete Ministerpräsidentin Hannelore Kraft am Freitag überraschend Spekulationen, sie werde als Kanzlerkandidatin der Partei antreten. „Ich werde nie, nie als Kanzlerkandidatin antreten. Ich bleibe in Nordrhein-Westfalen. Darauf könnt ihr euch verlassen“, zitierten sie Teilnehmer der Sitzung anschließend.

Hintergrund der Absage ist das SPD-Mitgliedervotum zum Koalitionsvertrag mit der Union, wie es hieß. Demnach hatte es an der Parteibasis Überlegungen gegeben, ein Scheitern der großen Koalition und anschließende Neuwahlen wären gar nicht so schlecht — weil dann die bei den Mitgliedern äußerst beliebte Kraft als Kanzlerkandidatin schon die Kohlen aus dem Feuer holen werde. Dies hat die Politikerin nun ausgeschlossen.

Kraft, die zunächst als eine der größten Kritikerinnen einer großen Koalition galt, hat damit innerhalb weniger Wochen eine Kehrtwende hingelegt. Die Stellvertreterin von Parteichef Sigmar Gabriel wirbt nun massiv für ein Ja der Basis zur ungeliebten schwarz-roten Koalition. Auf ihr lastet dabei eine besondere Verantwortung: Sie führt als Landeschefin den größten und mächtigsten SPD-Verband. 122 000 der insgesamt 475 000 SPD-Mitglieder, die abstimmen dürfen, leben an Rhein und Ruhr. Bereits am Donnerstag hatte sie betont, sie könne den SPD-Mitgliedern „aus tiefer Überzeugung“ den Koalitionsvertrag zur Annahme empfehlen. In der Fraktionssondersitzung am Freitag morgen betonte sie in einer etwa 25-minütigen Ansprache, dass die Partei in den Verhandlungen mit CDU und CSU mehr erreichen konnte, als sie erwartet habe, wie aus Fraktionskreisen verlautete.

Dafür habe sie viel Beifall bekommen. Die Landtagsabgeordneten gelten als wichtige Vermittler der Botschaft in ihren Wahlkreisen. Am Sonntag und Montag will Kraft zudem bei Regionalkonferenzen vor Parteimitgliedern um ein Ja zur großen Koalition werben.

Kraft, die schon lange als kommende Kanzlerkandidatin gehandelt wurde, hatte eigene Ambitionen immer von sich gewiesen. Die 52-Jährige aus Mülheim/Ruhr gilt als bodenständig und nah bei den Menschen, was ihr auch über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus viele Sympathien einbrachte.

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