Das schwierige Buhlen um die Jungwähler

Analyse: Wenn die Parteien um die Gunst der jungen Deutschen werben, treffen sie oft den falschen Ton.

Düsseldorf. Unpolitisch, unberechenbar, desinteressiert. So lauten die Klischees über die Jungwähler. Ein Negativ-Image, das die Parteien abschreckt: Das würde jedenfalls erklären, warum die 18- bis 30-Jährigen, die am 27.September zur Wahl aufgerufen sind, in den Wahlkampf-Strategien nur ein Mauerblümchen-Dasein fristen. Junge Themen wie Generationengerechtigkeit oder Fragen zum Datenschutz und Urheberrecht im Internet sind in den Programmen oft nur Randerscheinungen. Der Politikwissenschaftler Thorsten Faas erklärt: "Jungwähler gelten als unattraktiv, weil sie schwer zu ködern sind. Für sie ist Politik nicht das Wichtigste im Leben - im Gegensatz zu anderen Wählern."

Wenn die Parteien sich dann doch bemühen, den Ton der Jugend zu treffen, gerät die Ansprache oft in peinliche Schieflagen. Ein Beispiel für diese Versuche, interessant zu erscheinen, ist ein später zurückgezogenes Wahlplakat der Grünen aus dem niederrheinischen Kaarst. Unter dem Slogan "Der einzige Grund, schwarz zu wählen" war ein dunkelhäutiger Frauen-Po zu sehen, um den sich weiße Frauenhände schlingen. Eine erotische Pose, die schrill wirken sollte, sich aber als geschmacklos entpuppte.

Diesen Patzer leistete sich ausgerechnet jene Partei, für die junge Menschen im Vergleich zur Konkurrenz die wichtigste Rolle spielen. Laut einer Infratest-Umfrage sind 26 Prozent der grünen Wähler jünger als 34 Jahre - so viele wie bei keiner anderen Partei.

Von einer Mobilisierung junger Wähler, wie sie Barack Obama bei den US-Präsidentschaftswahlen 2008 gelang, können die Parteien nur träumen. Dennoch versuchen besonders die SPD und die Grünen, die Methode des Polit-Stars abzukupfern - den Wahlkampf ins Internet zu verlagern, in Netzwerke wie "Facebook", "Twitter" oder "MeinVz". SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier grüßt gar von einem eigenen Blog. Dort darf man an privaten Glücksgefühlen teilhaben: "Heute morgen - endlich mal wieder - ein längeres Frühstück mit meiner Familie. Sogar ein Stündchen im Garten zum Zeitung lesen."

Doch auch die CDU, die FDP und die Linke sind im Web 2.0 präsent. Die Union beispielsweise hat den Web-Channel "CDU TV" ins Leben gerufen, der im Stil einer Nachrichtensendung Parteisoldaten wie Generalsekretär Ronald Pofalla als leidenschaftliche Wahlkämpfer inszeniert. Das wirkt dann eher bemüht als lässig.

Der Ton macht die Musik: Diese Groschenweisheit gilt auch für politische Kampagnen. Im Umgang mit Jungwählern wählen die Parteien meist den falschen Ton.

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