Bundestagswahl lähmt die Große Koalition schon jetzt

Im Jahr der schwersten Wirtschaftskrise ist die Bundesregierung kaum noch handlungsfähig.

Berlin. Das ernüchternde Spitzentreffen der Großen Koalition in der Nacht zu Donnerstag hat das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung schwer erschüttert. "Das Ende der Koalition wirft seine Schatten voraus", sagte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer.

Unionsfraktionschef Volker Kauder und SPD-Fraktionschef Peter Struck unterstrichen, sie wollten ihre Ziele nach der Bundestagswahl in anderen Bündnissen durchsetzen. Experten vertreten allerdings die Auffassung, dass eine Neuauflage der Großen Koalition die wahrscheinlichste Variante ist.

In einem Verhandlungsmarathon hatte die Koalition die Streitpunkte Mindestlöhne für Zeitarbeiter, Reform der Jobcenter und die Forderung von Obergrenzen für Managergehälter nach heftigem Gezerre vertagt. Die Fraktionsspitzen verständigten sich lediglich auf bereits ausgehandelte schärfere Regeln für die Bezüge von Spitzenverdienern sowie auf einige Umweltgesetze.

Kritik kam von der Opposition. "Es ist bitter, dass die Koalition in einer großen Wirtschaftskrise nicht in der Lage ist, auf kleinstem gemeinsamen Nenner Entscheidungen zu treffen", so FDP-Generalsekretär Dirk Niebel.

Gräben reißen nicht nur zwischen den Volksparteien auf, sondern auch innerhalb der Union. Markus Ferber, CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl, machte die Kanzlerin für den Abwärtstrend verantwortlich: "Stammwähler bekommen von ihr keine verlässlichen Antworten mehr." Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte, im Koalitionsausschuss seien "erhebliche Verwerfungen" in den Reihen von CDU/CSU deutlich geworden.

Nach Infratest dimap hat die Union gegenüber dem Vormonat zwei Punkte verloren und erreicht nur noch 32 Prozent der Stimmen. Dies ist ihr schlechtester Wert seit Ende 2006. Die SPD legte um zwei Prozent zu und kommt auf 27 Prozent. Die Zuwächse der FDP (plus ein Punkt auf 17 Prozent) führen die Meinungsforscher auf die Unzufriedenheit mit der Bundesregierung zurück. 83 Prozent der FDP-Anhänger sagten: "Ich wähle FDP, weil ich von der Koalition enttäuscht bin."

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