Glyphosat Bayer hat Listen von Monsanto-Kritikern erstellt

Düsseldorf · Konzern entschuldigt sich und verspricht Aufklärung. Monsanto wollte positive Glyphosat-Berichterstattung erreichen.

Bayer: Listen mit Kritikern von Monsanto in ganz Europa
Foto: dpa/Christophe Gateau

Der Schaden für Bayer durch die Übernahme von Monsanto wird immer größer: Wie der Leverkusener Pharma- und Agrarchemiekonzern am Montag einräumte, hat Monsanto nicht nur in Frankreich, sondern vermutlich in ganz Europa Listen mit Kritikern des Unkrautvernichters Glyphosat erstellen lassen. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass es derartige Listen EU-weit gibt, also auch in Deutschland“, sagte Matthias Berninger. Er ist seit Anfang dieses Jahres Leiter der neuen Bayer-Abteilung Public Affairs und Nachhaltigkeit.

Ziel der Listen war es, eine positive Berichterstattung über Glyphosat zu erreichen. Gleichzeitig ging es darum, eine negative Wahrnehmung des Pestizids in der Öffentlichkeit zu verhindern. Glyphosat steht in dem Verdacht, krebserregend zu sein. Laut Berninger erstreckte sich der Vertrag zwischen Monsanto und der amerikanischen PR-Agentur FleischmanHillard, der zur Erstellung der Listen führte, auf ganz Europa. Bayer sei ebenfalls Kunde von FleischmanHillard und habe die Zusammenarbeit „vorerst auf Eis gelegt“.

Ermittlungen wegen der illegalen Erfassung privater Daten

In Frankreich laufen gegen die Bayer-Tochter Monsanto Vorermittlungen wegen der illegalen Erfassung von privaten Daten. Rund 200 Namen von Wissenschaftlern, Journalisten und Politikern sollen darauf stehen, darunter der von Ségolène Royal, Ex-Umweltministerin und Glyphosat-Gegnerin.

Berninger betonte, er halte das Vorgehen von Monsanto für komplett unangemessen. Das Unternehmen habe 2015 und in den Jahren danach versucht, seine Geschäftsinteressen in Europa mit Praktiken durchzusetzen, die eher in den USA üblich seien als auf dem alten Kontinent. Es gebe eine ganze Reihe von Beispielen, „wo – um in der Fußballsprache zu sprechen – man nicht den Ball gespielt hat, sondern eher auf den Mann gegangen ist oder auf die Frau“, sagte Berninger. Bayer entschuldigte sich deshalb.

 Die Bayer-Tochter Monsanto muss sich in den USA wegen angeblicher Krebsrisiken ihres Unkrautvernichters Roundup mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat vor Gericht verantworten.

Die Bayer-Tochter Monsanto muss sich in den USA wegen angeblicher Krebsrisiken ihres Unkrautvernichters Roundup mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat vor Gericht verantworten.

Foto: dpa/Seth Perlman

Um den Fall aufzuklären, will der Konzern eine externe Anwaltskanzlei mit der Aufarbeitung und Bewertung der Vorwürfe beauftragen. Die Kanzlei werde auch allen in den Listen aufgeführten Personen Auskunft darüber geben, welche Informationen von ihnen gespeichert wurden.

Bayer hatte den Saatguthersteller Monsanto im vergangenen Jahr für rund 63 Milliarden US-Dollar übernommen. Experten werfen dem Konzern vor, die Risiken des Kaufs angesichts einer Klagewelle wegen mutmaßlicher Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter unterschätzt zu haben. Mittlerweile hat Bayer zwei Geschworenen-Prozesse verloren, in denen die Kläger Entschädigungen von jeweils fast 80 Millionen Dollar zugesprochen bekamen.

Bayer, das die Sicherheit von Glyphosat beteuert und auf zahlreiche entsprechende Studien verweist, will in beiden Fällen in Berufung gehen. Insgesamt gibt es aber schon 13 400 Klagen in den USA. Die Bayer-Aktie hat seit der Monsanto-Übernahme drastisch an Wert verloren.

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