Interview Außenminister verteidigt den UN-Migrationspakt

Berlin · Heiko Maas (SPD) sieht die Kritik als „pure Panikmache“. Die Folgen für Deutschland seien „überschaubar“.

 Ein Mann aus Kamerun zeigt seine Einbürgerungsurkunde. Der UN-Pakt soll die Migration zwischen den Staaten regeln.

Ein Mann aus Kamerun zeigt seine Einbürgerungsurkunde. Der UN-Pakt soll die Migration zwischen den Staaten regeln.

Foto: Julian Stratenschulte

Der Bundestag will an diesem Donnerstag den umstrittenen UN-Migrationspakt debattieren. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) verteidigt die Vereinbarung. Sie öffne der Migration nicht die Türen, sondern helfe, Chaos zu vermeiden. Die unmittelbaren Folgen für Deutschland seien „überschaubar“, verspricht der Minister im Gespräch mit unserer Redaktion.

Herr Maas, wozu braucht es den UN-Migrationspakt?

Heiko Maas: Migration ist Realität, ob wir wollen oder nicht. Die kann man sich nicht einfach wegdenken. Im Gegenteil: Wir müssen Migration aktiv steuern und besser ordnen. Und genau das hat der Migrationspakt zum Ziel. Das kann aber nur gemeinsam gelingen. Migration ist eine globale Herausforderung. Darauf brauchen wir eine gemeinsame internationale Antwort.

Die Kritik an dem Pakt ist groß. Haben Sie als Außenminister nicht genug dafür geworben?

Maas: Im Gegenteil. Wir haben schon sehr früh versucht, Interesse am Thema zu wecken, zum Beispiel über die Sozialen Medien und im Bundestag. Über den Migrationspakt wurde in der Öffentlichkeit aber nicht groß gesprochen, weil sich alle einig waren, dass das ein richtiger Ansatz ist. Erst als dann eine Welle von Desinformation und Angstmache von weit rechts außen aufkam, wurde das Thema aufgegriffen.

  Begrüßt den UN-Migrationspakt: Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD).

Begrüßt den UN-Migrationspakt: Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD).

Foto: dpa/Fabrice Coffrini

Aber wozu ein Pakt, wenn er nicht rechtlich verbindlich ist?

Maas: Der Pakt ist eine politische Absichtserklärung, zu der sich die die große Mehrheit der Staaten innerhalb der Vereinten Nationen bekennen. Das ist ein wichtiges Sig­nal. Wir haben uns international verständigt, gewisse Standards im Migrationskontext einzuhalten. Das gibt uns eine Grundlage gegenüber allen Staaten, die Erwartungen zu thematisieren, die wir an sie haben – etwa was die Kooperation bei Rückführungen betrifft.

Die Sorge ist, dass mit der Vereinbarung der Migration Tür und Tor geöffnet werden muss. Bestreiten Sie das?

Maas: Na klar. Das ist pure Panikmache. Was wir erreichen wollen ist: Chaos vermeiden, illegale Migration eindämmen, Rückführungen vereinfachen, Grenzen sichern und die Gründe für Migration in den Herkunftsländern bekämpfen. Das steht so im Migrationspakt.

Das heißt, Sie garantieren, dass mit dem Werk keine neuen Aufnahmegründe entstehen?

Maas: Ja. Bereits in der Präambel steht klar und deutlich, dass der Pakt die Souveränität der Staaten wahrt. Die Entscheidung, wer unter welchen Voraussetzungen als Migrant in ein anderes Land kommen kann, wird nicht vom Migrationspakt getroffen, sondern von jedem einzelnen Staat selbst.

Welche praktischen Auswirkungen hat der Pakt dann für Deutschland?

Maas: In dieser aufgeheizten Debatte muss man auch mal ganz ehrlich sagen: Die unmittelbaren Folgen werden überschaubar sein. Wir setzen eher auf langfristige Effekte. Der Migrationspakt hat sich zum Ziel gesetzt, die Standards in allen Ländern anzugleichen. Das heißt vor allem, dass zahlreiche Länder ihre Standards anheben müssen. Wenn diese Länder sich daran halten – und dazu haben sie sich ja politisch mit dem Migrationspakt bereit erklärt – wird der Migrationsdruck auf Deutschland langfristig gesehen spürbar nachlassen.

Wie bewerten Sie die Migrationsdebatte, die derzeit in der Union geführt wird?

Maas: Ich werde die verschiedenen Irrungen und Wirrungen des unionsinternen Machtkampfes hier nicht kommentieren. Dass Rechtspopulisten versuchen, Ängste zu schüren, ist nichts Neues. Ihnen hinterherzulaufen, hat sich aber bislang immer als Eigentor erwiesen. Dass über den Migrationspakt jetzt breit debattiert wird, finde ich sehr wichtig. Das gibt uns noch stärker die Möglichkeit, den Fakten zum Durchbruch zu verhelfen.

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