Zweifel an Bundeswehreinsatz in Libyen

Berlin/Bengasi/Kapstadt (dpa) - Die Zweifel am Erfolg des Nato-Militäreinsatzes in Libyen wachsen. „Die ehrliche Antwort lautet: Für diesen Konflikt gibt es keine militärische Lösung“, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen dem „Spiegel“.

Eine baldige Niederlage der Regierungstruppen sei nicht zu erwarten. Um der notleidenden Zivilbevölkerung zu helfen, bereitet sich die Europäische Union darauf vor, humanitäre Einsätze zu leisten und diese mit Soldaten zu schützen. Dabei soll die Bundeswehr mitmachen. Doch in Deutschland werden Warnungen vor den Risiken eines solchen Bundeswehreinsatzes laut.

Die SPD befürchtet, dass humanitäre Einsätze nicht ohne Soldaten am Boden abgesichert werden können. Eine Beteiligung an einer so genannten humanitären Eingreiftruppe der EU könne durchaus bedeuten, dass man auch an Land gehen müsse, sagte der SPD-Fraktionsvize Gernot Erler im Deutschlandradio Kultur. Der frühere Bundeswehr-Generalinspekteur Harald Kujat sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“, in diesem Fall wäre es „bloß noch ein kleiner Schritt, bis man tatsächlich in Kampfhandlungen verwickelt ist“.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte in einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon „die Bereitschaft der EU zum Handeln“. Voraussetzung ist eine entsprechende Bitte des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten (OCHA). Danach muss die EU den Einsatz formell beschließen. Im Gespräch ist unter anderem ein Hilfseinsatz für die Menschen in der heftig umkämpften Küstenstadt Misurata, östlich von Tripolis.

Ob der EU-Beschluss noch so rechtzeitig kommt, dass kommende Woche schon der Bundestag über die Beteiligung der Bundeswehr entscheiden kann, ist fraglich. Ein Kabinettsbeschluss am Mittwoch sei „unwahrscheinlich“, hieß es am Samstag im Auswärtigen Amt. In diesem Fall dürfte eine Sondersitzung des Parlaments notwendig werden, da die nächste reguläre Sitzung des Bundestages wegen der Osterpause erst in der zweiten Mai-Woche stattfindet.

Für den Libyen-Einsatz der Bundeswehr zeichnet sich im Bundestag eine breite Mehrheit ab. Neben den Koalitionsfraktionen haben auch SPD und Grüne Zustimmung signalisiert. Erler warf der Bundesregierung aber einen „Zickzackkurs“ vor. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe beteuerte dagegen in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, ein solcher Hilfseinsatz sei „etwas völlig anderes als der bisherige Militäreinsatz in Libyen, an dem wir uns aus guten Gründen nicht beteiligen“.

Die Milizen der libyschen Regimegegner verbuchten am Samstag geringfügige Erfolge bei ihrem Vorstoß auf den Öl-Hafen Al-Brega. Auch die Verteidiger der Großstadt Misurata konnten sich trotz immenser Schwierigkeiten gegen die Gaddafi-Verbände behaupten. Misurata wird von diesen seit 40 Tagen belagert, die Bewohner sind von der Strom- und Wasserversorgung abgeschnitten.

Inzwischen legte ein Schiff des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) im Hafen von Misurata an, wie eine Sprecherin der Organisation in Genf bestätigte. Es habe 130 Kubikmeter medizinischer Hilfsmittel geladen und werde das Hauptkrankenhaus der Stadt mit dem Notwendigsten versorgen. Das UN-Kinderhilfswerk Unicef verwies auf Berichte, nach denen in Misurata Kinder von Heckenschützen des Gaddafi-Regimes verletzt worden sein sollen. Belege dafür gab es aber nicht.

Derweil bringt sich die Afrikanische Union als Vermittlerin ins Spiel. Eine hochrangige Delegation der Organisation mit dem südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma an der Spitze will am diesem Sonntag nach Tripolis und am Tag darauf nach Bengasi reisen. In der libyschen Hauptstadt will die Abordnung mit Gaddafi, in der Metropole der Regimegegner mit Vertretern des Übergangsrates, der provisorischen Regierung der Aufständischen, zusammentreffen.

Der frühere Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung, Bernd Schmidbauer, hat sich laut „Focus“ Anfang der Woche mit hochrangigen libyschen Regierungsvertretern in Tripolis getroffen. Machthaber Gaddafi und sein Sohn Saif al-Islam hätten dem früheren Staatsminister mitgeteilt, dass Libyen einem Waffenstillstand unter der Kontrolle der UN und der Afrikanischen Union sofort zustimmen würde, berichtete das Nachrichtenmagazin am Samstag vorab. Das Auswärtige Amt erklärte, Schmidbauer sei nicht im Auftrag des Außenministeriums in Libyen gewesen.

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