Ukraine-Krieg Zerstörtes Einkaufszentrum in Ukraine: Russland räumt Luftangriff ein

Moskau · Die ostukrainische Stadt Krementschuk wird Ziel eines Angriffs der russischen Luftwaffe. Ein Einkaufszentrum wird komplett zerstört, die ukrainischen Behörden sprechen von Dutzenden Opfern. Nun ringen beide Kriegsparteien um die Deutungshoheit.

 Feuerwehrleute des staatlichen ukrainischen Katastrophenschutzes arbeiten an einem Brand in einem Einkaufszentrum nach einem Raketenangriff in Krementschuk.

Feuerwehrleute des staatlichen ukrainischen Katastrophenschutzes arbeiten an einem Brand in einem Einkaufszentrum nach einem Raketenangriff in Krementschuk.

Foto: dpa/Efrem Lukatsky

Das russische Militär hat nach der Zerstörung eines Einkaufszentrums in der Ukraine eingeräumt, für den folgenschweren Luftangriff auf die Stadt Krementschuk verantwortlich zu sein. Die Attacke habe mehreren Hallen gegolten, in denen aus Europa und den USA gelieferte Waffen und Munition gelagert worden seien, teilte das russische Verteidigungsministerium am Dienstag in Moskau mit. Die Detonation der Munition habe dann einen Brand in dem nahegelegenen Einkaufszentrum ausgelöst. Zwar behauptete das Ministerium, das Gebäude sei nicht mehr in Betrieb gewesen - doch Einträge örtlicher Geschäfte in sozialen Medien und auf Online-Plattformen legen das Gegenteil nahe.

Nach Darstellung der ukrainischen Behörden wurde das Einkaufszentrum von einem russischen Langstreckenbomber mit Luft-Boden-Raketen beschossen und zerstört. Mehr als 20 Menschen seien getötet und rund 60 verletzt worden. Laut der Stadtverwaltung hatte das Management des Einkaufszentrums angeordnet, den Luftalarm zu ignorieren - weswegen das Gebäude nicht geräumt worden sei. Nun liegt es komplett in Trümmern - und angesichts von offiziell 36 Vermisstenmeldungen könnten die Opferzahlen weiter steigen.

Die ukrainische Seite sprach von einem Terrorakt und warf Russland ein weiteres Kriegsverbrechen vor. Moskau hingegen bestreitet trotz offensichtlicher Zerstörungen in seinem Angriffskrieg gegen das Nachbarland immer wieder, zivile Ziele in der Ukraine anzugreifen - oder behauptet, dass diese nicht mehr genutzt würden. Diese und andere Angaben zum Kriegsgeschehen lassen sich von unabhängiger Seite oft nicht überprüfen.

Im Osten der Ukraine gehen derweil die Kämpfe um die strategisch wichtige Stadt Lyssytschansk weiter. Russische Truppen stürmten die Siedlung Wowtschojariwka südwestlich der Stadt, teilte der ukrainische Generalstab mit. Russische Einheiten stünden im Süden bereits am Stadtrand. Gekämpft werde zudem an einer Ölraffinerie. Lyssytschank ist die letzte große Stadt in der Region unter ukrainischer Kontrolle und wird nach Angaben aus Kiew auch mit russischer Artillerie, Mörsern und Luftangriffen attackiert. Mehrere Tausend ukrainische Soldaten sollen noch dort stationiert sein.

Nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten sind Russlands Invasionstruppen infolge schwerer Verluste inzwischen „zunehmend ausgezehrt“. Beim Kampf um Sjewjerodonezk etwa seien die Hauptkräfte sechs russischer Armeen zum Einsatz gekommen, mit der Einnahme der ostukrainischen Stadt habe das Militär aber nur ein kurzfristiges Ziel erreicht. Die russische Truppenführung akzeptiere derzeit „ein Niveau verminderter Kampfkraft, das sich wahrscheinlich als nicht tragfähig erweisen wird“, hieß es weiter im täglichen Lagebericht des britischen Verteidigungsministeriums zum Ukraine-Krieg vom Dienstag.

Für die Beendigung des Angriffskriegs hat sich Russlands Staatsführung nach eigenen Angaben keine Frist gesetzt. Auf die Frage eines Journalisten, ob es einen ungefähren Zeitrahmen für den in Moskau offiziell als „militärische Spezial-Operation“ bezeichneten Krieg gebe, antwortete Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge: „Nein.“

Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj laut Teilnehmerkreisen beim G7-Gipfel in Bayern gesagt, er hoffe auf ein Ende der Invasion noch in diesem Jahr. Er verwies dabei auf die Härten des Winters, die Gefechte erschwerten.

(dpa)
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