Angriff von links Welche Chancen Bernie Sanders bei der US-Präsidentenwahl hat

Washington · 2016 hat Bernie Sanders es schon mal versucht. In der Vorauswahl der Demokraten für die Präsidentschaftswahl sorgte der linke Senator damals für Furore. Am Ende ohne Erfolg. Nun will es der 77-Jährige noch mal wissen.

 Bernie Sanders bewirbt sich erneut um das US-Präsidentenamt.

Bernie Sanders bewirbt sich erneut um das US-Präsidentenamt.

Foto: dpa/Alex Brandon

Die Konkurrenz im Feld der demokratischen Bewerber für die US-Präsidentenwahl wächst: Der unabhängige Senator Bernie Sanders will 2020 erneut als Kandidat antreten. Die 77-jährige Ikone der Linken schrieb am Dienstag auf Twitter, er wolle eine „nie da gewesene historische Graswurzelbewegung“ in Gang setzen. Der Senator für den Bundesstaat Vermont, der sich selbst einen demokratischen Sozialisten nennt, war 2016 im Vorwahlkampf der Demokraten im Rennen gegen Hillary Clinton gescheitert. Seine Ankündigung für einen zweiten Anlauf verband Sanders mit scharfer Kritik an Amtsinhaber Donald Trump, den er einen Lügner, Rassisten und Sexisten nannte.

Im Präsidentschaftsrennen 2016 hatte Sanders Clinton schwer zugesetzt, obwohl der weißhaarige Politiker lange als Außenseiter gegolten hatte und zu Beginn der Vorwahlen wenig ernst genommen worden war. Doch wurde Sanders zu einem Idol der linken Jugend. Im Vorwahlkampf liefen ihm die Studenten in Scharen zu.

Klare linke Agenda

Sanders erklärte, er wolle das Land verändern, gerechter machen, vereinen. Er hat eine klar linke Agenda: Zu seinen Hauptthemen gehören die immer ungleichere Vermögensverteilung in den USA, eine Reform des Gesundheitssystems hin zu einer allgemeinen staatlichen Krankenversicherung, die Abschaffung von Studiengebühren, schärfere Waffengesetze sowie der Klimawandel und die Abkehr von Öl, Kohle und Gas. Mit seinen Positionen hat Sanders auch die demokratische Partei als Ganzes nach links gerückt.

Sanders stammt aus Brooklyn in New York. Sein Vater war ein jüdischer Einwanderer aus Polen, die Verhältnisse der Familie waren bescheiden. Er präsentiert sich als Gegenentwurf zum Establishment, ist aber tief in Washington verwurzelt und hat jahrzehntelange politische Erfahrung. Vor seiner Zeit als Senator, die 2007 begann, hatte er 16 Jahre lang im Repräsentantenhaus gesessen.

Sanders verkündete seine Bewerbung am Dienstag auf diversen Kanälen - in Interviews, sozialen Medien und direkten Botschaften an seine Anhänger. In einer Mail an seine Unterstützer schrieb er von einem „entscheidenden und gefährlichen Moment“ in der US-Geschichte. Sanders mahnte: „Wir treten an gegen einen Präsidenten, der ein krankhafter Lügner ist, ein Betrüger, ein Rassist, ein Sexist, ein Ausländerfeind und jemand, der die amerikanische Demokratie untergräbt, indem er uns in eine autoritäre Richtung führt.“ Trump sei der gefährlichste Präsident in der jüngeren Geschichte der USA.

Großes und vielfältiges Bewerberfeld

Sanders reiht sich nun ein in ein diesmal sehr großes und vielfältiges Bewerberfeld bei den Demokraten - es könnte das größte in der Geschichte der Partei werden. Die kommenden parteiinternen Vorwahlen der Demokraten beginnen erst Anfang 2020. Aber elf Demokraten haben ihren Hut bereits in den Ring geworfen. Die linke Senatorin Elizabeth Warren ist darunter, ihre Senatskollegen Kamala Harris, Cory Booker, Amy Klobuchar und Kirsten Gillibrand sowie die Abgeordnete Tulsi Gabbard und der frühere Arbeitsminister Julian Castro sind auch mit dabei. Weitere stehen in den Startlöchern. Auch mit der Kandidatur des früheren Vize-Präsidenten Joe Biden rechnen viele. Bei den Republikanern hat bislang nur Trump erklärt, dass er wieder antritt.

Die vielen demokratischen Kandidaten sprechen zum Teil sehr ähnliche Wählermilieus an und machen sich dadurch gegenseitig Stimmen streitig. Eher linke und eher moderate Kandidaten sind darunter, manche eher reserviert, manche offensiv-aggressiv in ihrer Rhetorik gegenüber der Regierung. Die entscheidende Frage wird sein, was die Demokraten für das richtige Rezept halten, um Trump abzulösen.

Großes Netzwerk und loyale Unterstützer

Sanders' Vorteile: Er hat viel Erfahrung, gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Politikern im demokratischen Lager, kommt bei Umfragen gut weg. Er hat ein großes Netzwerk und eine Schar an loyalen Unterstützern. Aber er ist für seine Kritiker auch: ein „alter weißer Mann“ von 77 Jahren, der nicht unbedingt für Aufbruch steht und etwa bei Schwarzen keine überragenden Zustimmungswerte hat. 2016 punktete er damit, dass er so etwas wie der Gegenentwurf zu Clinton war. Diesmal gibt es unter den vielen demokratischen Anwärtern mehrere, die links ausgerichtet sind. Außerdem ist Sanders eben einer, der bei seinem jüngsten Versuch gescheitert ist.

Auf die Frage, was diesmal anders sein werde als bei seinem erstem Anlauf, sagte Sanders dem Sender CBS: „Diesmal werden wir gewinnen.“

Trump reagierte für ungewöhnlich sanft auf Sanders' Kandidatur. „Ich mag Bernie“, sagte Trump am Dienstagnachmittag (Ortszeit) in Washington. „Ich wünsche ihm alles Gute.“ Er sei gespannt, wie sich Sanders schlagen werde. Eine Spitze konnte sich Trump aber doch nicht verkneifen: „Ich glaube, er hat seine Zeit verpasst.“

(dpa)
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