Wasserwerfer und Molotowcocktails: Machtprobe in Istanbul

Istanbul(dpa) - Die Polizei in Istanbul hat Demonstrationen von Regierungsgegnern am 1. Mai mit Wasserwerfern und Tränengas niedergeschlagen. Den Demonstranten gelang es nicht, auf den von Sicherheitskräften abgeriegelten Taksim-Platz im Zentrum der türkischen Metropole vorzudringen.

Wasserwerfer und Molotowcocktails: Machtprobe in Istanbul
Foto: dpa

In der Umgebung des symbolträchtigen Platzes und in mehreren Stadtvierteln kam es zu schweren Zusammenstößen. Demonstranten griffen Polizisten mit Pflastersteinen, Molotowcocktails, Steinschleudern und Feuerwerkskörpern an, wie dpa-Reporter berichteten.

Wasserwerfer und Molotowcocktails: Machtprobe in Istanbul
Foto: dpa

Bei den Zusammenstößen wurden nach Angaben der regierungskritischen Anwaltsvereinigung CHD 50 Demonstranten verletzt. Auf Fernsehbildern waren auch verletzte Polizisten zu sehen. CHD teilte mit, in Istanbul seien rund 250 und in der Hauptstadt Ankara mehr als 100 Demonstranten festgenommen worden.

Wasserwerfer und Molotowcocktails: Machtprobe in Istanbul
Foto: dpa

Die Behörden hatten 1.-Mai-Demonstrationen auf dem Taksim-Platz untersagt. Gewerkschaften, Parteien, linke Gruppen und andere Regierungskritiker hatten dazu aufgerufen, trotzdem dorthin zu kommen. Zu Massenprotesten kam es aber nicht. Medienberichten zufolge waren rund 40 000 Polizisten in Istanbul im Einsatz, knapp die Hälfte von ihnen rund um den Platz. Die Proteste in Istanbul ebbten am Nachmittag ab.

Wasserwerfer und Molotowcocktails: Machtprobe in Istanbul
Foto: dpa

Amnesty International kritisierte den Einsatz von Wasserwerfern und Tränengas durch die Polizei in Istanbul als „verwerflich“. Damit sollten das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf friedliche Versammlungen niedergeschlagen werden, teilte die Menschenrechtsorganisation mit. Sie übte auch Kritik am Demonstrationsverbot auf dem Taksim-Platz.

Im Istanbuler Stadtteil Besiktas flohen Menschen wegen des massiven Tränengaseinsatzes aus ihren Häusern. Auf Fernsehbildern waren weinende Kinder zu sehen, die in Sicherheit gebracht wurden.

Die Polizei hatte den Taksim-Platz, den angrenzenden Gezi-Park und die Zufahrtsstraßen in der Nacht zum Donnerstag mit Absperrgittern abgeriegelt. Die Fußgängerzone Istiklal Caddesi, die vom Taksim abgeht, wurde ebenfalls gesperrt. Auch Touristen wurde der Zutritt verwehrt. Genervte Urlauber versuchten, zu ihren Hotels oder zu Flughafenbussen zu gelangen, die in der Nähe des Taksim abfahren.

Die Behörden schränkten auch den Betrieb der Bosporus-Fähren zwischen Asien und Europa, der Metro, der Straßenbahn und der Nahverkehrsbusse drastisch ein. Damit sollte es Demonstranten erschwert werden, in die Nähe des Taksim-Platzes zu gelangen.

Erdogan hatte vor dem Maifeiertag mehrfach betont, die Regierung werde Demonstrationen zum Tag der Arbeit auf dem Taksim-Platz nicht dulden. Istanbuls Gouverneur Hüseyin Avni Mutlu hatte das Demonstrationsverbot mit Geheimdiensthinweisen begründet, wonach Terrorgruppen dort am Maifeiertag Polizisten angreifen wollten. Er hatte den Demonstranten einen Versammlungsort außerhalb des Stadtzentrums angeboten. Einzelnen Vertretern von Gewerkschaften wurde erlaubt, am Denkmal auf dem Taksim-Platz Kränze niederzulegen.

Es sind die ersten schweren Zusammenstöße in Istanbul seit dem Sieg der Regierungspartei AKP bei den Kommunalwahlen Ende März. Erdogan hatte die Wahl zu einer Abstimmung über seine Politik erklärt. Der Regierungschef war davor wegen seines autoritären Regierungsstils kritisiert worden. Unter Druck gerieten er und seine Regierung außerdem durch Korruptionsvorwürfe.

Vom Taksim-Platz waren im vergangenen Sommer die Proteste gegen die islamisch-konservative Regierung ausgegangen, die sich dann auf das ganze Land ausdehnten. Auch in anderen türkischen Städten kam es am Donnerstag zu Maidemonstrationen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort