Warum Moskau auf Schreibmaschinen setzt

Geheimdienst bestellt deutsche Geräte. Damit wollen Russen Datenspionage vermeiden.

Moskau. Die Suche des russischen Staatsschutzes FSO nach Schreibmaschinen — vorzugsweise made in Germany — wirkt wie eine Kampfansage an „Datenspione“ vom Schlage eines Edward Snowden.

Seit den Enthüllungen des 30-Jährigen dürften die Sicherheitsbehörden von Präsident Wladimir Putin, selbst einst Geheimdienstchef, darüber nachdenken, wie geheime Informationen noch besser zu schützen sind.

Für den Bundesnachrichtendienst mag es wie ein Aprilscherz klingen, aber für den FSO, zuständig für Putins Schutz, bietet offenbar die gute alte Schreibmaschine beste Sicherheit gegen Spione. Wie die im Internet nachlesbare FSO-Ausschreibung mit der Nummer UMTO-kk-43 zeigt, sucht die selbst auf Abhöraktionen spezialisierte Behörde auch Hunderte Farb- und Korrekturbänder für die Triumph-Adler Twen 180 und Olympia Comfort.

Hersteller Olympia im nordrhein-westfälischen Hattingen setzt weiter auf die Alternative zum Computer. Der Vertrieb bestätigt, dass das Unternehmen den Russen zuletzt ein Angebot für 20 Schreibmaschinen und die Farbbänder gemacht habe. Gut 200 Euro pro Stück wollen die Russen pro elektrischer Schreibmaschine ausgeben, wie aus der Bestellanforderung hervorgeht. Das Gesamtpaket mit den Bändern hat ein Volumen von 486 540 Rubel (11 600 Euro).

Sicherheit hat in Zeiten weltweiter Datenspionage über Computer und Internet Konjunktur, wie russische Medien angesichts der FSO-Ausschreibung berichten. Heikle Dokumente würden demnach nur auf Papier und nicht auf elektronischen Datenträgern archiviert, schreibt die regierungsnahe Zeitung „Iswestija“.

Diese Praxis sei in Russland nicht nur in den Geheimdiensten gebräuchlich, sondern auch im Verteidigungs- und im Zivilschutzministerium. Der frühere Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB, Nikolai Kowaljow, sagte, dass auch die handschriftliche Aufzeichnung geheimer Informationen üblich sei.

Wichtig sei für die Sicherheitsdienste, dass jeder Schreibmaschinen-Typ eine „Signatur“ habe — anders als in Serienproduktion hergestellte Drucker. So könne jedes Dokument einer Marke zugeordnet werden. Laut Bestellanforderung müssen die Maschinen eine Tastatur mit englischen und kyrillischen Buchstaben haben und 13 Zeichen in der Sekunde schaffen.

Zwar soll alles bis zum 30. August geliefert sein. Bei Olympia aber dürfte das knapp werden, weil seit Schließung der Produktion in Wilhelmshaven keine Maschinen mehr selbst montiert werden. „Die Vorlaufzeit für eine Produktion aus China sind sicherlich fünf Monate“, sagt Geschäftsführer Heinz Prygoda.

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