Ungarns Präsident tritt wegen Plagiataffäre zurück

Budapest (dpa) - Vor 20 Jahren hatte er seine Doktorarbeit abgeschrieben, jetzt holte ihn das Plagiat ein. Fast eine Woche lang kämpfte Ungarns Staatspräsident Pal Schmitt um sein Amt. Am Ende konnte ihn auch sein Förderer, Ministerpräsident Viktor Orban, nicht mehr halten.

„In der gegenwärtigen Situation fühle ich mich verpflichtet, das Mandat des Präsidenten zurückzugeben“, erklärte der rechts-konservative Politiker am Montag im Budapester Parlament.

Zugleich verwahrte er sich gegen den Vorwurf des Plagiats im Zusammenhang mit seiner 1992 verfassten Dissertation. Die Arbeit habe den damals geltenden Bestimmungen entsprochen. Er sehe aber ein, dass seine Person derzeit das Land spalte. Da das Staatsoberhaupt die Einheit der Nation verkörpere, sehe er sich genötigt, das Amt niederzulegen.

Das Parlament billigte am Montagnachmittag die Rücktrittserklärung Schmitts mit überwältigender Mehrheit. 338 Abgeordnete stimmten der Demission zu, fünf sprachen sich dagegen aus, sechs enthielten sich der Stimme. Die Amtsgeschäfte des Staatsoberhauptes gingen kommissarisch auf den Parlamentspräsidenten Laszlo Köver über.

Dem Rücktritt Schmitts war ein tagelanges Tauziehen vorausgegangen. Vor knapp einer Woche hatte eine Expertenkommission der Budapester Semmelweis-Universität (SOTE) festgestellt, dass Schmitt mindestens 197 Seiten der 215 Seiten starken Dissertation von anderen Autoren abgeschrieben hatte. Der Senat der SOTE erkannte am Donnerstag Schmitt den Doktortitel ab. Der Präsident zeigte daraufhin noch immer keine Einsicht.

In einem Fernseh-Interview am Freitagabend erklärte er, er habe seine Dissertation „nach bestem Wissen und Gewissen“ verfertigt. Sollte er Fehler beim zitieren von Quellen gemacht haben, hätten ihn die Doktorväter darauf aufmerksam machen müssen. Schmitt genoss zu diesem Zeitpunkt noch die Unterstützung des rechts-konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban, der zugleich auch Vorsitzender der Regierungspartei Fidesz (Bund Junger Demokraten) ist.

Orban hatte Schmitt 2010 gegen Widerstände in Teilen des Fidesz zum höchsten Staatsamt verholfen. In den fast zwei Jahren, die er es ausfüllte, erwies sich Schmitt als treuer Erfüllungsgehilfe der Politik Orbans. Ohne Widerrede unterzeichnete der ehemalige Olympia-Fechter und langjährige Sportfunktionär mehr als 360 Gesetze, die zum Teil der von Orban betriebenen Schwächung der demokratischen Institutionen dienten. Darunter war auch das international umstrittene, repressive Mediengesetz, das 2011 in Kraft trat.

Orban hatte nach der Bestätigung der Plagiatsvorwürfe durch die SOTE-Kommission und selbst nach dem Entzug des Doktortitels zunächst versucht, Schmitt im Amt zu halten. „Der Staatspräsident ist unantastbar“, erklärte ein Regierungschef noch Ende vergangener Woche. Doch im Fidesz kam in den vergangenen Tagen erheblicher Widerstand gegen den Verbleib Schmitts im Amt auf.

Ein neuer Staatspräsident muss vom Parlament gewählt werden. Orban als Vorsitzender der Mehrheitspartei Fidesz wird ihn vorschlagen, wie er es auch schon bei Schmitt getan hat. Über einen möglichen Kandidaten kursieren bislang nur Gerüchte. In einer Fidesz-Fraktionssitzung am Montagvormittag soll Orban gesagt haben, er werde jemanden suchen, der „politisch rechts von ihm“ stehe, berichtete das Internet-Portal „index.hu“.

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