UN entsenden 300 Beobachter nach Syrien

New York/Damaskus (dpa) - Nach Monaten der Gewalt und tausenden Toten soll eine 300 Mann starke Beobachtertruppe der Vereinten Nationen den vereinbarten Waffenstillstand in Syrien überwachen.

Die vom UN-Sicherheitsrat in New York einstimmig beschlossene Resolution hat auch eine politische Komponente. Sie betont, dass es in Syrien zu einem Wandel zu einem demokratischen Mehrparteiensystem kommen muss mit gleichen Rechten für alle Bürger, unabhängig von Herkunft, Ethnie, Religion oder politischer Ausrichtung.

Eine erste UN-Mission für Syrien hatte der Sicherheitsrat genau eine Woche zuvor beschlossen. Dabei handelte es sich um ein Vorauskommando, das die jetzige Beobachtermission vorbereiten sollte. Mitglieder dieses Vorauskommandos durften am Samstag erstmals die Unruheprovinz Homs besuchen, zu der ihnen bisher der Zutritt verweigert worden war. Dies wie auch die Freilassung von 30 inhaftierten Oppositionellen werteten Beobachter als kleinere Zugeständnisse des Regimes von Präsident Baschar al-Assad.

Regimegegner berichteten, dass in Homs „zum ersten Mal seit sehr langer Zeit völlige Ruhe herrschte“. Seit dem Morgen sei kein einziger Schuss gefallen und kein Artillerieangriff registriert worden, meldete die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter. Dagegen wurden Militäreinsätze aus der Provinz Daraa gemeldet. In der Umgebung von Aleppo seien neun Rebellen von der Armee getötet worden.

Der am Samstag vom UN-Sicherheitsrat einstimmig beschlossene Marschbefehl für die 300 Beobachter steht noch unter einem Vorbehalt: Die Männer und Frauen fliegen erst los, wenn UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die Waffenruhe als hinreichend stabil bewertet.

Außenminister Guido Westerwelle begrüßte den Beschluss zur Entsendung einer Beobachtermission und sprach von einem „ernsten Signal an das Regime Assad, dass ein Ende der Gewalt notwendig ist“. Über eine mögliche Teilnahme deutscher Soldaten jetzt oder später lägen derzeit „keinerlei Überlegungen oder Anfragen vor“, sagte Westerwelle. „Deswegen macht es auch keinen Sinn, darüber zu spekulieren.“

Offiziell gilt Russland als Einbringer der Resolution 2043, in den wichtigsten Punkten hat sich der Westen aber gegen Moskau und seinen Verbündeten Syrien durchgesetzt: Die Beobachter werden sich frei bewegen können. Unklar ist aber noch wie: Syrien besteht darauf, die Beobachter mit seinen Hubschraubern im Land herumzufliegen - was eine spontane Überwachung vieler Gebiete unmöglich machen würde. In der Resolution wurde diese Frage zunächst offengelassen.

„Wir erhoffen uns eine stabilisierende Wirkung von dieser Mission“, sagte Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin. Nun sei ein Übergang Syriens in ein demokratisches, pluralistisches System möglich. Deutschlands UN-Botschafter Peter Wittig sagte die Resolution sei ein weitreichenden Schritt, aber erst der Anfang. „Der Waffenstillstand ist labil, das Regime übt weiter Druck aus und hat die Panzer nicht zurückgezogen.“ Sein französischer Kollege Gérard Araud sprach von 11 000 Menschen, die seit Beginn der staatlichen Gewalt im März vergangenen Jahres ums Leben gekommen seien.

Syrische Staatsmedien lobten unterdessen die Standfestigkeit des Regimes, das seine Gegner im Westen und in der arabischen Welt zermürben werde. Die staatliche Zeitung „Al-Thawra“ schrieb am Samstag, selbst US-Außenministerin Hillary Clinton habe inzwischen festgestellt, dass sie sich an dem standhaften syrischen Volk die Zähne ausbeißen werde. Arabische Medien meldeten derweil, der Milliardär und Cousin des Präsidenten, Rami Machluf, habe im Auftrag des Regimes damit begonnen, über Mittelsmänner einen Teil der Goldreserven des Staates zu verkaufen.

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