Türkei bombardiert kurdische PKK-Kämpfer

Istanbul/Bagdad (dpa) - Der internationale Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat wird durch neue Gefechte zwischen der Türkei und der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK erschwert. Die türkische Armee flog erstmals seit mehr als eineinhalb Jahren Luftangriffe auf PKK-Stellungen im eigenen Land.

Türkei bombardiert kurdische PKK-Kämpfer
Foto: dpa

Die Kurdenpartei warf dem Militär eine Verletzung der Waffenruhe vor. Diese hatte die Organisation im März 2013 ausgerufen.

Die Spannungen zwischen der PKK und der türkischen Regierung waren durch die Kämpfe um die syrisch-kurdische Grenzstadt Kobane verschärft worden. Die PKK wirft Ankara vor, einem drohenden Massaker an den Kurden in Kobane durch die sunnitische Terrormiliz IS tatenlos zuzuschauen.

Die Türkei weigert sich, den Kurden in Syrien militärisch beizustehen oder einen Korridor einzurichten, durch den Kurden aus anderen Gebieten den Kämpfern in der Stadt zu Hilfe kommen könnten. Die PKK ist eng mit den in Kobane kämpfenden kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) in Syrien verbunden.

Der bewaffnete Flügel der PKK teilte mit, zwei Stellungen der kurdischen Milizen in Daglica in der Provinz Hakkari an der Grenze zum Irak seien am Montag bombardiert worden. In der Region hätten sich PKK-Kämpfer und Soldaten Gefechte geliefert.

Die PKK-nahe Agentur Firat meldete, zunächst habe die Armee PKK-Stellungen mit Mörsern und Haubitzen beschossen. Danach sei es zu einem dreistündigen Gefecht gekommen. Anschließend hätten Kampfjets aus der Luft eingegriffen. Über Opfer war zunächst nichts bekannt.

Türkische Medien berichteten, die Armee habe Kampfflugzeuge der US-Typen F-16 und F-4 eingesetzt, nachdem PKK-Kämpfer eine Polizeistation angegriffen hätten. Die Armee bestätigte die Luftangriffe nicht. Sie teilte lediglich mit, „Terroristen“ hätten unter anderem in Hakkari Sicherheitskräfte angegriffen.

Der inhaftierte PKK-Chef Abdullah Öcalan warnte vor einem Ende des Friedensprozesses, sollte der IS in Kobane ein Massaker verüben. Medienberichten zufolge hat Öcalan der Regierung Zeit bis zu diesem Mittwoch gegeben, um den Friedensprozess zu retten.

Die Kämpfe in der syrischen Kurdenbastion dauerten derweil an. Idris Nassan, Vize-Sprecher für auswärtige Angelegenheiten in Kobane, sagte der Nachrichtenagentur dpa aber, kurdische Kämpfer hätten dank der Luftschläge der internationalen Koalition einen strategisch wichtigen Hügel etwa sieben Kilometer von der Stadt entfernt von den Dschihadisten zurückerobern können.

Die meisten Menschen aus der Stadt sind inzwischen in die Türkei geflohen. Nach Angaben des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) zieht eine wachsende Zahl dieser Menschen nun in die nordirakische Kurdenregion Dohuk weiter. Bislang seien dort 5400 Menschen aus Kobane untergekommen, in den kommenden Tagen werde diese Zahl noch einmal um 10 000 bis 15 000 steigen. Als Gründe geben die syrischen Flüchtlinge unter anderem an, dass es in der Türkei Spannungen gebe, die Lebenshaltungskosten zu hoch und die Hilfe unzureichend seien.

Im Irak ging die Anti-IS-Koalition lokalen Sicherheitskreisen zufolge nahe der Ölstadt Kirkuk mit den bislang heftigsten Luftschlägen gegen die Dschihadisten vor. Zuvor habe es Informationen über einen bevorstehenden Angriff der Extremisten gegeben.

Kampfflugzeuge hätten ferner Ziele in der Stadt Hit weiter westlich ins Visier genommen. Nach UNHCR-Schätzungen haben allein über das Wochenende rund 180 000 Menschen die Stadt rund 180 Kilometer von Bagdad entfernt verlassen und Zuflucht an anderen Orten gesucht.

Bis vor kurzem habe Hit noch als sicherer Ort gegolten, weswegen dort mehr als 100 000 Flüchtlinge aus anderen Teilen der Provinz Schutz gesucht hätten, erklärte eine UNHCR-Sprecherin. Der Massenexodus von Hit sei bereits die vierte große Flüchtlingswelle im Irak innerhalb von weniger als einem Jahr.

Aufseiten des Islamischen Staates (IS) kämpfen auch viele Deutsche. Wie die „Bild“-Zeitung (Dienstag) berichtete, sind die meisten deutschen Kämpfer jünger als 30 Jahre. 89 Prozent der deutschen Kämpfer seien Männer und elf Prozent Frauen.

Unter ihnen ist womöglich auch ein 24-jähriger Salafist aus Offenbach, der nach Recherchen des ARD-Magazins „Report Mainz“ im Mai trotz elektronischer Fußfessel nach Syrien ausreisen konnte. Hessens Landesregierung bestätigte die Ausreise. Über seinen derzeitigen Verbleib sei aber nichts bekannt.

Militärchefs aus mehr als 20 Ländern wollten am Dienstag nahe Washington ihre Beratung über das weitere Vorgehen gegen die IS-Milizen fortsetzen. Die Bündnispartner wollen eine langfristige Strategie gegen den IS im Irak und in Syrien finden.

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