Ligue 1 Tschad: Warum das arme Land den FC Metz sponsert

Der Tschad wirbt auf dem Trikot des französischen Erstligisten FC Metz.

Ligue 1: Tschad: Warum das arme Land den FC Metz sponsert
Foto: dpa

N’Djamena/Düsseldorf. „Tschad, die Oase der Sahel-Zone“ steht auf den Trikots des FC Metz. Auf Vorder- und Rückseite, weiße Schrift auf weinroten Jerseys. Der FC Metz, das ist ein französischer Verein aus der ersten Liga, der Ligue 1, wie sie in Frankreich heißt. Am Wochenende gewann der Club von Trainer Philippe Hinschberger mit 3:2 gegen Lille. Es läuft ordentlich, siebter Platz nach drei Saisonspielen für den Club, der einst die Heimat von Franck Ribéry gewesen ist.

Und jetzt wird die Vereinskasse auch noch ansehnlich gefüllt. Der Tschad ist just als Trikotsponsor eingesprungen, man suchte lange, zu lange — und dann kam: der Tschad. Das ist jener afrikanischer Wüstenstaat, die als französische Kolonie das viertärmste Land der Erde ist. Und genau diese Kombination aus europäischem Fußballclub und darbendem afrikanischen Staat sorgt dieser Tage für jede Menge Aufregung.

Ziel der Afrikaner ist es nämlich, mit der Unterstützung für den FC Metz mehr Touristen ins eigene Land zu locken. Doch das stößt im Tschad selbst auf zunehmenden Widerstand. „Ist das nicht rausgeschmissenes Geld?“, fragt etwa die Zeitung „Le Progrès“. Der Vorsitzende des tschadischen Athletikverbandes, Hissène Ngaro, sprach von einem „schlechten Witz.“ Sportminister Betel Miarom wies Berichte zurück, wonach das Sponsoring 12 Millionen Euro koste. Eine andere Summe aber nannte er nicht.

Die Vorbehalte in der Bevölkerung sind groß. „Worum geht es dem Tschad wirklich?“, fragt sich Madeleine Moudalta, eine Lehrerin aus N’Djamena. „Den Tourismus stärken — oder den Hunger bekämpfen und sauberes Trinkwasser zu finden?“ Wegen des niedrigen Ölpreises ist die Regierung zu einem scharfen Sparkurs gezwungen. Kaum jemand versteht, warum eine darbende Bevölkerung zusehen muss, wie ein prominenter französischer Fußball-Club mit Geldern aus dem Tschad hoch bezahlte Fußball-Profis anheuert. Da ist wenig Moral im Spiel der Fußball-Bossen, die auf der Suche nach Sponsoren unter Druck geraten waren.

Tourismus-Unternehmen sind in der Sport-Branche keine Seltenheit mehr: Der FC Lille wirbt mit einem Anbieter von Campingreisen, Liga-Krösus Paris St. Germain mit der katarischen Tourismus Behörde Qatar Tourism Authority (QTA) — was freilich ein zweifelhafter Deal unter Beteiligung des Clubbesitzers Nasser Al-Khelaifi sein soll. Kleiner geht es auch: Die Düsseldorfer EG stellte vor Monaten die Mittelmeer-Insel Malta als neuen Premium-Sponsor vor — eine niedrige sechsstellige Summe fließt, erst einmal für ein Jahr.

Aber der Deal in Metz hat eine andere Qualität. Schlagzeilen über den Terrorismus haben Touristen vergrämt, weil dort die aus Nigeria stammende Islamistentruppe Boko Haram ihr Unwesen treibt. „Unser Land muss sein negatives Image aufpolieren“, sagt Sportminister Miarom. „Wir hoffen, dass dies über den Fußball hinausgehen wird und unsere wirtschaftlichen Beziehungen stärken wird.“ Der Regierung zufolge wird das Sponsoring von tschadischen Unternehmen finanziert; Beobachter bezweifeln dies jedoch.

Im Tschad stirbt etwa jedes siebte Kind vor Erreichen des fünften Lebensjahrs, eine der höchsten Quoten weltweit. Die Lebenserwartung liegt bei 51 Jahren (Deutschland: 81). Knapp 90 Prozent der Landbevölkerung gilt als arm. Von den rund 13 Millionen Einwohnern sind 1,6 Millionen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, 720 000 Kinder gelten als mangelernährt. (kup/dpa)

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