Oberste Gerichtshof in Madrid Trotz Protesten: Spaniens Diktator Franco wird aus dem Grab geholt

Madrid · Das können sich viele Spanier - vor allem die älteren Semester - kaum vorstellen. Der einst allmächtige Diktator Franco wird in seiner letzten Ruhe gestört.

 Blick auf den Friedhof El Pardo-Mingorrubio, wo die Überreste des Diktators Francisco Franco voraussichtlich übertragen werden.

Blick auf den Friedhof El Pardo-Mingorrubio, wo die Überreste des Diktators Francisco Franco voraussichtlich übertragen werden.

Foto: dpa/Ricardo Rubio

Diktator Francisco Franco (1892-1975) wird in Spanien trotz vieler Proteste erstmals aus dem Grab geholt werden. Nach monatelangen Debatten gab der Oberste Gerichtshof in Madrid am Dienstag grünes Licht für die umstrittene Umbettung der sterblichen Überreste des Gewaltherrschers. Einen Termin gibt es noch nicht.

General Franco hatte im Sommer 1936 gegen die Regierung der spanischen Republik geputscht. Aus dem Umsturzversuch wurde ein fast dreijähriger Bürgerkrieg, den Franco - auch mit deutscher Unterstützung - 1939 gewann. Er regierte Spanien bis an sein Lebensende im November 1975. Nach seinem Tod leitete König Juan Carlos den Übergang zur Demokratie mit ersten freien Wahlen 1977 ein.

Die sechsköpfige Kammer wies den Einspruch der Familie gegen den Plan der Regierung des sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez zurück, die in einem Mausoleum im sogenannten „Tal der Gefallenen“ nordwestlich der Hauptstadt ruhenden Gebeine auf einen Friedhof am Nordrand Madrids zu überführen. Der Beschluss sei einstimmig gefasst worden, teilte das Gericht in Anschluss mit.

Die Familie Franco hatte sich gegen die Umbettung auf den Friedhof El Pardo-Mingorrubio gewehrt. Sie wäre nur mit einer Beisetzung in einem familieneigenen Grab in der Almudena-Kathedrale mitten im Zentrum von Madrid einverstanden gewesen. Dies wollte die Regierung auf keinen Fall zulassen, da sie dort keinen Pilgerort für Franco-Anhänger schaffen wollte.

Nach der Gerichtsentscheidung sprach Sánchez von „einem großen Sieg für die spanische Demokratie“. Seine Stellvertreterin Carmen Calvo sagte vor Journalisten, man wolle die Umbettung vor der Parlamentsneuwahl vom 10. November über die Bühne bringen. „Wir werden das sehr schnell machen, je schneller, desto besser.“

Die konservative Volkspartei und die liberalen Ciudadanos ließen wissen, man respektiere die Entscheidung der Justiz. Ciudadanos-Chef Albert Rivera warf Sánchez aber vor, seit einem Jahr „mit den Knochen (Francos)“ zu „spielen“, um die Spanier zu entzweien. Der Chef der rechtspopulistischen Partei Vox, Santiago Abascal, kritisierte die „Grabschändung“, mit der „Hass ausgegraben“ werde.

Seit über einem Jahr hält in Spanien ein heftiger Streit um die Umbettung an. Sánchez hatte kurz nach seiner Amtsübernahme im Juni 2018 angekündigt, die sterblichen Überreste an einen anderen Ort bringen zu wollen. Bis heute ist das gigantische Mausoleum mit dem 155 Meter hohen Granitkreuz eine Pilgerstätte für Menschen, die den toten Diktator verehren und rechtsextremes Gedankengut pflegen.

Aber nicht nur Rechtsextreme und die Enkel des Diktators zogen in den vergangenen Monaten gegen die Pläne von Sánchez zu Felde. Auch Vertreter der Kirche und konservative Politiker protestierten. Pablo Casado, Chef der Volkspartei (PP), bezeichnete es als „unverantwortlich, bereits geheilte Wunden wieder aufzureißen“. Die einflussreiche rechte Tageszeitung „ABC“ sprach von „Revanchismus“.

(dpa)
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