Terrorserie erschüttert Israelis

Das Land erlebte gestern die blutigsten Anschläge seit März 2008. Die Regierung in Jerusalem gibt Ägypten eine Mitschuld.

Jerusalem. Schockiert und verwirrt steht die Frau vor ihrem Auto. Die Seitenscheiben sind zerschossen, sie ist nur knapp mit dem Leben davongekommen. Noch viel schlimmer sieht der Reisebus aus, den die Attentäter ebenso wie das Auto nördlich des Badeortes Eilat unter Feuer genommen hatten. Fernsehaufnahmen zeigen Einschusslöcher im Blech des Fahrzeuges von der Größe eines Zwei-Euro-Stückes. Mehrere große Seitenscheiben sind ebenfalls zerstört.

Israel hat gestern den blutigsten Terroranschlag seit März 2008 erlebt. Verteidigungsminister Ehud Barak reagierte prompt und gab Ägypten eine Mitschuld an den Anschlägen. „Die Angriffe sind ein Beweis für die geschwächte Kontrolle der Ägypter auf der Sinai-Halbinsel und das Erstarken terroristischer Gruppen dort“, sagte er in Tel Aviv.

Israel hatte von Anfang an mit mulmigen Gefühlen auf den Umsturz in Kairo reagiert. Mubarak war immerhin jahrzehntelang der Garant für Ruhe an Israels Südgrenze gewesen. Rund 200 Kilometer lang ist die Grenze durch die Wüste. Anders als die rund zwölf Kilometer lange Grenze zum Gazastreifen ist sie jedoch an vielen Stellen nur schwierig zu kontrollieren. Zwar beeilte sich der ägyptische Gouverneur der Provinz Süd-Sinai, Chalid Foda, mit der Feststellung, die Angreifer seien auf keinen Fall von Ägypten aus nach Israel eingedrungen.

Aber ein anderer ägyptischer Spitzenbeamter, der seinen Namen nicht veröffentlicht sehen wollte, hielt die Worte des Gouverneurs für voreilig. In den vergangenen Wochen hätten die ägyptischen Sicherheitskräfte im Norden der Halbinsel ihre Operationen gegen militante Islamisten verstärkt. Es sei daher durchaus denkbar, dass einige von ihnen geflohen und über die Grenze nach Israel gelangt seien.

In israelischen Medien wurde spekuliert, die Attentäter könnten aus dem Gazastreifen durch einen der vielen hundert Schmugglertunnel unter der Grenze hindurch nach Ägypten gekommen sein. Von dort hätten sie an unbewachter Stelle die Grenze zu Israel überquert. Auch Barak vermutete zumindest die Drahtzieher im Gazastreifen bei der dort herrschenden radikal-islamischen Hamas. Israel werde mit aller Härte reagieren, warnte der Minister.

Am Abend dann flog die israelische Luftwaffe Angriffe auf den Gazastreifen — dabei starben nach palästinensischen Angaben sechs Menschen. Unter den Toten sei auch ein Kind, sagte ein Sprecher des medizinischen Notdienstes.

Das führende Hamas-Mitglied Ahmed Jussef distanzierte sich nur sehr zögerlich von den Angriffen. „Ich glaube nicht, dass Hamas hinter den Angriffen steht“, sagte er. Und fügte hinzu: „Aber wir preisen die Attentäter, denn sie haben israelische Soldaten angegriffen.“ Die Hamas beherrscht den Gazastreifen seit Mitte Juni 2007 und spricht Israel das Existenzrecht ab.

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