Spektakulärer Taliban-Angriff auf Luxushotel in Kabul

Kabul (dpa) - Ein spektakulärer Terrorangriff der Taliban auf ein Luxushotel in Kabul hat erneut die prekäre Sicherheitslage in Afghanistan deutlich gemacht. Mehr als vier Stunden dauerten die Gefechte zwischen Sicherheitskräften und einem Terrorkommando der Taliban.

Nur mit Unterstützung eines Nato-Kampfhubschraubers und ausländischer Soldaten konnten afghanische Armee und Polizei die Lage am Hotel Intercontinental in der Nacht zu Mittwoch unter Kontrolle bringen. US-Präsident Barack Obama wertete den Überfall als Beweis dafür, dass in Afghanistan „der Job noch nicht erledigt ist“.

Nach Angaben des Innenministeriums wurden die neun Angreifer sowie neun Zivilisten und zwei Polizisten getötet. Unter den Opfern des Angriffs sind ein spanischer und ein türkischer Pilot. 18 Menschen erlitten Verletzungen, darunter fünf Polizisten.

Der Sprecher des Geheimdienstes NDS, Lutfullah Maschal sagte, die Angreifer hätten das Hotel mit Sprengstoffwesten, Schusswaffen und Handgranaten gestürmt. Ein Teil der Gruppe habe sich in die Luft gesprengt, die anderen Aufständischen seien aus dem Hubschrauber heraus von Soldaten der Internationalen Schutztruppe Isaf erschossen worden. Unter den zivilen Opfern seien auch mehrere Hotelangestellte und ein hochrangiger Richter aus einer Nachbarprovinz.

Maschal kündigte eine Untersuchung dazu an, wie die Aufständischen in das schwer gesicherte Hotel eindringen konnten. „Wir glauben, dass es eine Sicherheitslücke gab.“ Möglicherweise hätten sich die Angreifer bei den derzeit laufenden Renovierungsarbeiten am Hotel getarnt als Techniker Zugang verschaffen können.

Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff. Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid sagte, die Aufständischen hätten sich auf der Suche nach Ausländern von Zimmer zu Zimmer vorgearbeitet.

Die Tat wurde international verurteilt. Präsident Hamid Karsai sprach von einem „skrupellosen Terrorakt“. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, es handele sich um Täter, „die keinerlei Menschenleben achten, die bereit sind, sinnlos und wahllos zu morden“.

US-Präsident Obama betonte gleichwohl die Erfolge des internationalen Militäreinsatzes in Afghanistan. Die Taliban hätten mittlerweile „große Schwierigkeiten“ zu operieren, sagte Obama in Washington. Er bekräftigte, die USA würden ihre Truppen „auf verantwortliche Weise“ abziehen, damit die Sicherheit des Landes nicht gefährdet werde.

Die Nato-geführte Isaf setzte bei der Operation gegen das Taliban-Terrorkommando einen Kampfhubschrauber vom Typ Black Hawk ein, mit dem die Aufständischen auf dem Hoteldach angegriffen wurden. Es sei unklar, ob die Aufständischen auf dem Dach durch die Schüsse aus dem Helikopter getötet wurden oder sich in die Luft gesprengt hätten, sagte der neue Isaf-Sprecher, Bundeswehr-General Carsten Jacobson. „Sie hatten offensichtlich Sprengstoffwesten an.“

In dem Luxushotel hielten sich unter anderem Regierungsvertreter aus den Provinzen auf, die in Kabul an einer Konferenz zur Übergabe der Verantwortung von der Nato an afghanische Sicherheitskräfte teilnehmen wollten. Im Intercontinental steigen auch viele westliche Ausländer ab.

In Kabul hatte am Sonntag und Montag ein internationales Afghanistan-Treffen stattgefunden. Daran hatte auch der deutsche Sonderbeauftragte für Afghanistan und Pakistan, Botschafter Michael Steiner, teilgenommen. Er war zum Zeitpunkt des Angriffs nicht mehr in Kabul. Auch der US-Sondergesandte für die Region, Marc Grossman, und seine Delegation hätten Kabul bereits am Dienstagmorgen verlassen, teilte das US-Außenministerium mit.

Im Januar 2008 waren beim Angriff eines Selbstmordkommandos auf das Serena-Hotel in Kabul - das einzige Fünf-Sterne-Hotel des Landes - sieben Menschen getötet worden, darunter ein norwegischer Journalist. Auch das Intercontinental war zuvor bereits Ziel von Angriffen.

Das Intercontinental liegt auf einem Hügel in der Hauptstadt und ist das älteste Luxushotel in Afghanistan. Es nahm bereits 1969 seinen Betrieb auf, gehört aber seit langem nicht mehr zu der gleichnamigen internationalen Kette. Die einzige Zufahrtsstraße zum Hotel wird durch mehrere Checkpoints gesichert. Auch der Eingang des mehrstöckigen Gebäudes wird schwer bewacht.

Zwei in Afghanistan entführte französische Journalisten kamen inzwischen aus der Gewalt der Taliban frei. Das bestätigte die Organisation Reporter ohne Grenzen der dpa in Paris. Stéphane Taponier und Hervé Ghesquière seien bei guter Gesundheit und auf dem Weg in die Heimat, erklärte Premierminister François Fillon. Die Journalisten waren am 30. Dezember 2009 in der Provinz Kapisa entführt worden. Nach Medienberichten wurden sie gegen Lösegeld freigelassen.

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