Spanischer Finanzskandal bringt Rajoy in Bedrängnis

Madrid (dpa) - Eine Affäre um angebliche schwarze Kassen in Spaniens regierender Volkspartei (PP) hat Ministerpräsident Mariano Rajoy in Bedrängnis gebracht.

Die größte Tageszeitung des Landes, „El País“, druckte am Donnerstag Abrechnungen ab, die nach Darstellung des Blattes den Regierungschef und weite Teile der Parteispitze der Konservativen in den Finanzskandal hineinziehen. Aus den handschriftlichen Aufzeichnungen gehe vor, dass die PP in der Zeit von 1990 bis 2009 nicht offiziell deklarierte Beträge an Parteiführer gezahlt habe, berichtete die Zeitung.

Die PP dementierte den Bericht und kündigte rechtliche Schritte an. Parteichef Rajoy, der am kommenden Montag (4. Februar) zum deutsch-spanischen Gipfeltreffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin erwartet wird, berief den Parteivorstand für diesen Samstag zu einer Sondersitzung ein. Zu den Vorwürfen nahm er zunächst nicht Stellung.

Die PP-Generalsekretärin María Dolores de Cospedal betonte: „Bei der PP gibt es keine schwarzen Kassen.“ Die Partei habe sich bei ihren Finanzen immer strikt an die Gesetze zu halten, betonte sie auf einer Pressekonferenz. „Die Buchhaltung wird vom Rechnungshof überprüft.“

„El País“ hatte unter Berufung auf die abgedruckten Abrechnungen berichtet, fast alle Mitglieder der Parteiführung hätten in der Zeit von 1990 bis 2009 neben ihren normalen Gehältern in regelmäßigen Abständen von der Partei zusätzliche Zahlungen erhalten. Gegen den früheren PP-Schatzmeister Luis Bárcenas ermittelt die Justiz in einem Korruptionsskandal, in dem es um Verbindungen zwischen PP-Politikern und einem Netz von Unternehmern geht.

Nach Darstellung von „El País“ taucht der Name von Rajoy im Jahr 1997 erstmals in den Unterlagen auf. Aus den „geheimen Papieren von Bárcenas“ gehe hervor, dass der jetzige Regierungschef pro Jahr umgerechnet 25 200 Euro erhalten haben soll, schreibt das Blatt. De Cospedal sagte: „Das ist eine Lüge.“ Rajoy werde wegen der Behauptung vor Gericht ziehen.

Die Konkurrenzzeitung „El Mundo“ hatte kürzlich unter Berufung auf mehrere - namentlich nicht genannte - PP-Politiker berichtet, dass die Partei jahrelang in Briefumschlägen Schwarzgelder an Mitglieder der Parteiführung gezahlt habe. Sie nannte aber keine konkreten Namen. Die PP bestritt damals den Bericht, ordnete aber eine gründliche Überprüfung der Parteifinanzen an.

Der Oppositionsführer Alfredo Pérez Rubalcaba sieht das Ansehen der spanischen Regierung in Gefahr. Rajoy müsse persönlich zu den Vorwürfen Stellung nehmen, sagte der Parteichef der Sozialisten (PSOE) in Santa Cruz de Tenerife. „Rajoy muss die Frage beantworten, ob er die genannten Gelder kassiert hat oder nicht.“ Das Dementi von de Cospedal sei „wertlos“, weil die PP-Generalsekretärin nicht glaubwürdig sei.

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