Sozialdemokraten gewinnen Parlamentswahlen in der Slowakei

Bratislava (dpa) - Machtwechsel in der Slowakei: Mit knapp 45 Prozent der Stimmen hat die Partei Smer-Sozialdemokratie nach inoffiziellen Ergebnissen die vorgezogene Parlamentswahl in dem Euro-Land klar gewonnen.

Weil die meisten der 26 angetretenen Parteien an der Fünfprozenthürde scheiterten, können die Sozialdemokraten sogar mit einer klaren absoluten Mehrheit von 83 der 150 Sitze im Parlament rechnen. Das sind 21 Sitze mehr als bisher.

Die offiziellen Wahlergebnisse wollte die Zentrale Wahlkommission erst am Sonntagabend bekanntgeben, da sich die Auszählung wegen der Rekordzahl der Parteien verzögerte.

Die bisher regierenden vier bürgerlichen Parteien erlitten schwere Verluste. Zwar wurde keine von ihnen mit dem befürchteten Absturz unter die Fünfprozenthürde bestraft, doch kamen sie alle jeweils nur auf bescheidene 5,8 bis 8,8 Prozent.

Grund für ihr Debakel war vor allem eine riesige Korruptionsaffäre gewesen, die den Wahlkampf überschattete. Am stärksten betroffen war die bisher größte Regierungspartei, die von Außenminister Mikulas Dzurinda geführte christlich-liberale SDKU. Sie stürzte auf sechs Prozent ab und wird nur mehr elf statt 28 Sitze im Parlament haben.

Das Wichtigste sei jetzt „eine stabile und eindeutig pro-europäische Regierung“, versprach der Wahlsieger und voraussichtlich künftige Premierminister Robert Fico der dpa schon im Wahlkampffinale. Nach seinem Wahltriumph konkretisierte er: „Obwohl wir genug Stimmen bekommen haben, wollen wir mit allen anderen Parlamentsparteien einen Runden Tisch bilden, um über eine künftige Regierungskooperation zu reden.“

Im Unterschied zur bisherigen Mitte-Rechts-Koalition hatte Fico stets eine Beteiligung der Slowakei am Euro-Rettungsschirm EFSF befürwortet. Die Neuwahlen waren nötig geworden, weil die christlich-liberale Ministerpräsidentin Iveta Radicova eine Abstimmung über den EFSF mit der Vertrauensfrage verbunden und verloren hatte. Erst mit den Stimmen der von Fico geführten Opposition konnte dann doch ein Ja zur EFSF-Erweiterung erreicht werden. Radicova kandidierte nicht mehr.

Das Thema Euro, das zum Sturz der Regierung geführt hatte, spielte im Wahlkampf keine relevante Rolle mehr. Es wurde völlig von der Korruptionsaffäre überdeckt. Im Dezember an die Öffentlichkeit gelangte mutmaßliche Geheimdienstprotokolle hatten ein Korruptionsnetz offengelegt, in das fast alle Parteien verwickelt waren. Wegen der Affäre protestierten seit Wochen Tausende Slowaken immer wieder gegen die herrschende Elite.

Die scheidende Premierministerin Iveta Radicova hatte aktiv zur Aufdeckung des Korruptionsskandals beigetragen, obwohl sie damit vor allem ihrer eigenen Partei SDKU schadete. Sie kündigte schon vor der Wahl an, nach einer neuen Regierungsbildung aus der Partei auszutreten und die Politik aufzugeben. Sie dürfte einen Ruf an eine Hochschule annehmen.

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