Snowdens Liebesgrüße aus Moskau

Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele trifft den von den USA gejagten Enthüller an einem geheimen Ort in Russland.

Moskau/Berlin. Mehr als drei Stunden hat der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele am Donnerstag in Moskau mit dem Enthüller der US-Spähaffäre, Edward Snowden, gesprochen.

Als der 74-Jährige darüber gestern in Berlin berichtete, war die Bundespressekonferenz überfüllt wie sonst nur bei Auftritten der Kanzlerin. Die wichtigste Botschaft: Snowden ist bereit, in Deutschland über den Skandal auszusagen — wenn er hier sicher vor Verfolgung durch die US-Justiz ist.

Ströbele brachte einen Brief des 30-jährigen Amerikaners mit und faxte ihn unter anderem an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Generalbundesanwalt. „Ich freue mich auf ein Gespräch mit Ihnen in Ihrem Land, sobald die Situation geklärt ist“, äußert Snowden in dem Schreiben, das „An die Zuständigen“ adressiert ist. Ströbele schilderte die höchst konspirativen Umstände des Treffens.

Er habe niemanden informiert, auch nicht die deutsche Botschaft, um ein Durchsickern zu verhindern. Von seinem Moskauer Hotel aus seien er und zwei ihn begleitende Journalisten nach langer Fahrt zu dem Treffpunkt gebracht worden, über den er nichts sagen dürfe. Snowden mache auf ihn den Eindruck eines „kerngesunden, jungen Mannes, der gut drauf ist“.

Über die NSA-Affäre rede er sehr ernsthaft. Vor allem sei ihm bewusst, wie hoch sein persönliches Risiko sei. Snowdens wichtigstes Interesse sei ein Umdenken in den USA. „Am liebsten würde er vor einem Ausschuss des US-Kongresses auftreten.“ Ströbele plädierte dringend dafür, Snowden vor dem geplanten Untersuchungsausschuss des Bundestages anzuhören.

Nur dieser, so Ströbele weiter, könne die Dokumente der NSA entschlüsseln und einordnen. Voraussetzung aber sei, dass Snowden in Deutschland sicher sei „und auch hier bleiben kann“. Ohne entsprechende Zusagen der Bundesregierung könne er dem Ex-Geheimdienstmitarbeiter unter keinen Umständen raten, sein gegenwärtiges, auf ein Jahr befristetes Asyl in Moskau zu verlassen.

Filmaufnahmen des NDR zu dem Treffen zwischen Ströbele, Snowden und den beiden Journalisten John Goetz und Georg Mascolo zeigen die Beteiligten an einem Tisch bei Brötchen, Salat und Wasser. Snowden wirkt entspannt und gut gelaunt. Er trägt Drei-Tage-Bart, schwarzes Jacket, schwarze Hose, dazu ein offenes blaues Hemd.

Das Gespräch war, so berichtet es das NDR-Fernsehmagazin „Panorama“, in aller Stille eingefädelt worden. Er wolle „Herrn Snowden sprechen, weil er viele Fragen klären kann, was die NSA mit Deutschland, mit der deutschen Bevölkerung, mit der Kanzlerin, möglicherweise mit der Bundesregierung und auch Abgeordneten gemacht hat. Mit deren Kommunikationsdaten zum Beispiel“, sagt Ströbele vor dem Treffen.

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