Sienna Miller von britischer Presse verfolgt

London (dpa) - Zum ersten Mal berichten Opfer des britischen Abhörskandals derzeit umfassend in eigenen Worten, wie sich die Bespitzelung durch Journalisten auf ihr Leben ausgewirkt hat.

Am Donnerstag waren die Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling, Schauspielerin Sienna Miller und der frühere Formel-1-Boss Max Mosley vor den richterlichen Ausschuss in London geladen, der die Presseethik im Land neu ordnen soll. Sie alle waren sich einig: Die aufdringlichen und teils illegalen Recherchemethoden bei „News of the World“ und anderen Blättern haben ihren Alltag extrem beeinflusst und eingeschränkt.

Schauspielerin Sienna Miller berichtete, dass sie bis heute unter ihren Erfahrungen mit den aufdringlichen und teils illegalen Methoden der britischen Presse leide. „Ich war in einem wahren Netz von Überwachung gefangen“, sagte die 29-Jährige. Um die Jahre 2005 bis 2008 hätten Reporter der „News of the World“ trotz vieler Nummernwechsel ihre Telefone abgehört, ihre E-Mail-Passwörter geknackt und Fotografen auf sie gehetzt. Sie habe unter Angstzuständen und Paranoia gelitten.

Oft seien sehr persönliche Geschichten über sie erschienen, von denen außer den engsten Freunden und Familienmitgliedern eigentlich niemand gewusst haben könne. „Ich habe meine Freunde und meine Familie beschuldigt, Geschichten zu verkaufen, und sie wiederum haben sich auch gegenseitig beschuldigt“, sagte Miller. Miller wurden im Mai dieses Jahres als erstem Opfer des Abhörskandals von einem Gericht 100 000 Pfund (116 000 Euro) Entschädigung zugesprochen.

Zeitweise habe sie sich wie „unter Belagerung oder als Geisel“ gefühlt, erklärte die 46 Jahre alte Rowling. So hätten Journalisten und Fotografen nicht nur sie selber verfolgt, sondern auch ihre Kinder. Einmal habe sie einen an sie adressierten Brief in der Schultasche ihrer Tochter gefunden. Der Reporter habe darin erklärt, er habe einer Mutter an der Grundschule den Auftrag gegeben, den Brief in die Tasche zu tun. Es sei kaum zu beschreiben, wie sie sich nach diesem Eingriff in ihre Privatsphäre gefühlt habe. „Es ist schwer, zu erklären, wie es sich anfühlte, dass die Schule meiner fünf Jahre alten Tochter plötzlich kein Ort mehr war, an dem vollständiger Schutz vor Journalisten herrschte.“ Rowling, die für ihre Medien-Scheu bekannt ist, lebt heute in einem Haus im ländlichen Schottland

Bei „News of the World“ waren jahrelang Telefone von Prominenten, Mitarbeitern des Königshauses und sogar Mordopfern angezapft worden. Das Blatt, das zum Medienimperium von Rupert Murdoch gehört, wurde im Juli eingestellt. Der richterliche Ausschuss soll neue Wege für die Presseethik in Großbritannien festlegen. Auch über andere Blätter wird gesprochen.

Der frühere Formel-1-Boss Mosley berichtete, warum er trotz Warnungen gegen die „News of the World“ vor Gericht gezogen war, nachdem diese 2008 eine Sex-Geschichte über ihn gedruckt hatte. Er hatte Einzelheiten stets zurückgewiesen.

Er sei gewarnt worden, dass durch einen Prozess Details aus seinem Privatleben ans Tageslicht kommen würden und er am Ende mit einer teuren Rechnung dastehen könnte. „Obwohl ich das alles wusste, habe ich gedacht: Was die getan haben, ist so unfassbar, dass ich diese Leute im Zeugenstand sehen wollte und zeigen wollte, dass sie Lügner sind.“

Weil er die finanziellen Mittel gehabt habe, habe er es getan. „Ich dachte mir: Wenn nicht ich, wer dann?“ Der 71-jährige Mosley hatte 60 000 Pfund Entschädigung wegen Verletzung seiner Privatsphäre erhalten. „Am Schlimmsten ist es, dass man gegen so etwas nichts ausrichten kann, wenn man kein Geld hat.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort