Sarkozy telefoniert sich aus der Polit-Verbannung zurück

Abgewählter Präsident mischt sich wieder in die Politik des Landes ein. Nachfolger Hollande schweigt zu Sticheleien.

Paris. Drei Monate lang hat Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy nach seiner schmerzhaften Abwahl beharrlich geschwiegen: keine Interviews, keine öffentlichen Auftritte. Stattdessen verreiste er mit Ehefrau Carla und Baby Giulia.

Ausgerechnet jetzt, mitten im kollektiven Dämmerschlaf, in den die Nation im Ferienmonat August traditionell verfällt, meldet sich der Staatsmann im Ruhestand polternd zu Wort.

Er schreit auf wegen des Blutbades in Syrien und bezichtigt seinen Nachfolger François Hollande, auf fahrlässige Weise die Hände in den Schoß zu legen. Womöglich steckt weit mehr hinter diesem Vorstoß, denn viele spekulieren nun noch aufgeregter über ein Comeback des Politstars.

40 Minuten dauerte das Telefonat, das Sarkozy mit Abdel Basset Sayda, dem Chef der syrischen Opposition, führte. Das knappe Kommuniqué, das die beiden danach verbreiten, mündet in die unmissverständliche Aufforderung an die internationale Gemeinschaft, „in einer schnellen Aktion weitere Massaker zu verhindern“.

Da Sarkozy klare Parallelen zwischen der Situation in Libyen und Syrien zieht, ist offenkundig, was er konkret meint. Er will den syrischen Diktator mit Gewalt aus dem Amt zwingen — ähnlich wie bei dem erfolgreichen Feldzug, den er selbst gegen den libyschen Diktator Ghaddafi angeführt hatte.

Die überraschende Sarko-Schelte wirft die grundsätzliche Frage auf, ob und inwieweit sich ein Staatschef a. D. überhaupt in die aktuelle Politik einmischen darf. „Nun, es wird ungern gesehen, wenn ein ehemaliger Präsident die Bemühungen der französischen Diplomatie konterkariert“, sagt der Politologe Didier Maus.

Präsident François Hollande, der mit seiner Lebensgefährtin Valérie Trierweiler an der Côte d’Azur urlaubt, reagierte nicht persönlich auf die Stichelei seines Vorgängers.

Er schickte lieber seine „Leutnants“ vor — zum Beispiel Außenminister Laurent Fabius. Dieser hebt ganz im Gegensatz zu Sarkozy die „eklatanten Unterschiede“ zwischen Libyen und Syrien hervor.

Das Assad-Regime etwa verfüge über immense Waffenlager, darunter auch chemische Waffen. Außerdem habe bislang kein einziges Land einen militärischen Einsatz gefordert. Zudem wirft Fabius dem Ex-Präsidenten vor, den syrischen Machthaber noch vor Kurzem hofiert zu haben. Assad war 2008 Gast Sarkozys.

Im Januar, mitten in der heißen Phase des Wahlkampfs, hatte Noch-Präsident Sarkozy gegenüber Journalisten unerwartet sein Herz ausgeschüttet. „Wenn ich verliere, werdet Ihr nichts mehr von mir hören“, verkündete er. Ein hehres Versprechen, das er nicht lange halten sollte.

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