Rechtspopulisten verprassen EU-Gelder während sie gegen Verschwendung wettern

Straßburg. Die Rechtsaußen-Politiker im Europaparlament wettern mit Vorliebe gegen die Verschwendung von EU-Geldern - doch das hindert sie offenbar nicht daran, selbst auf Kosten der europäischen Steuerzahler zu prassen.

Der tschechische Rechtspolitiker Tomio Okamura (l), die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen und der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders bei einer Pressekonferenz.

Der tschechische Rechtspolitiker Tomio Okamura (l), die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen und der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders bei einer Pressekonferenz.

Foto: Michal Krumphanzl

Champagner in Strömen, Schlemmer-Menüs und teure Weihnachtsgeschenke an die Mitarbeiter ließen die Spesenabrechnung der Fraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF) für das Jahr 2016 in die Höhe schnellen - das geht aus einer Untersuchung des Haushaltskontrollausschusses des Parlaments hervor. Mehr als 427.000 Euro Spesen habe die ENF-Fraktion für 2016 regelwidrig aus der EU-Kasse erhalten, heißt es in dem Bericht des Kontrollgremiums, welcher der Nachrichtenagentur AFP vorliegt. Der Ausschuss empfiehlt der Parlamentsverwaltung, die Summe wieder einzutreiben.

Der Ball liegt nun beim Präsidenten des Europaparlaments, Antonio Tajani, und seinen 14 Stellvertretern. Sie wollen sich nach Angaben einer Sprecherin der EU-Volksvertretung am Montagabend zum Auftakt der Plenarsitzung in Straßburg mit dem Thema befassen. Üblicherweise folge das Präsidium den Empfehlungen des Haushaltskontrollausschusses, sagt ein Sprecher. Davon sei auch in diesem Fall auszugehen. Zumal die Ausgaben der Rechtspopulisten auch von externen Rechnungsprüfern, die jährlich die Spesenabrechnungen aller acht Fraktionen bewerten, beanstandet worden seien.

Laut dem Bericht des Parlamentsausschusses hat die mit 34 Mitgliedern kleinste Fraktion - zu deren Mitgliedern unter anderen Abgeordnete der französischen Front National, der in Österreich mitregierenden FPÖ, der Freiheitspartei (PVV) des Niederländers Geert Wilders sowie als einziger Deutscher der ehemalige AfD-Politiker Marcus Pretzell gehören.

Im Jahr 2016 hat die Fraktion nicht weniger als 234 Flaschen Champagner geköpft, davon einige zum stolzen Preis von 81 Euro. Außerdem rechnete sie Menüs ab, die pro Person 400 Euro kosteten. Hinzu kamen 110 Weihnachtsgeschenke für Mitarbeiter der Fraktion - im Wert von hundert Euro pro Präsent. Solche Ausgaben seien "nicht hinnehmbar", sagt die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses, Ingeborg Grässle (CDU). Sie seien weder "vernünftig, noch mit den Grundsätzen eines soliden Finanzmanagements vereinbar".

Das Europaparlament zahlt den Fraktionen pro Rechnungsjahr eine Pauschale, deren Höhe von der Mitgliederzahl abhängt. Damit sollen vor allem Kosten für Personal, Übersetzer, Bürobedarf, Telefon und Internet oder Fortbildungen gedeckt werden. Abrechnen können die Fraktionen aber auch Bewirtungskosten für ihre Mitglieder sowie Gäste, die sie zu Konferenzen oder Meetings einladen - sofern diese für die politische Arbeit notwendig sind. Dafür müssen aber präzise Regeln eingehalten werden, etwa öffentliche Ausschreibungen und die Prüfung mehrerer Angebote für Veranstaltungen, die mehr als 15.000 Euro kosten.

Diese Auflagen seien von der rechtsextremen Fraktion mehrfach nicht beachtet worden, rügte der Kontrollausschuss. Dabei gehe es um Ausgaben von mehr 388.000 Euro. Hinzu kämen Spesen in Höhe von fast 39.000 Euro, für die es keine Belege gebe.

Der Ko-Vorsitzende des ENF-Fraktion, Nicolas Bay, weist die Vorwürfe zurück. Seine Fraktion habe die Vorschriften keinesfalls "absichtlich missachtet", sagt der FN-Politiker. Das Problem liege bei der "Interpretation der Regeln für öffentliche Ausschreibungen". Ob solche Ausreden im Präsidium auf offene Ohren stoßen, ist fraglich.

Harald Vilimsky von der österreichischen FPÖ weist die Schuld von sich und benennt die "wahren" Schuldigen. Er twitter als Reaktion auf die Vorwürfe unter anderem "Ich habe noch nie Champagner getrunken." und "FPÖ hat mit den Vorwürfen nichts zu tun, Causa ist rein französisch.".

Sollten Tajani und seine Stellvertreter der Empfehlung des Haushaltskontrollausschusses folgen, müssen die Mitglieder der Rechtsaußenfraktion den Gürtel wohl enger schnallen - denn die beanstandete Summe wird dann von künftigen Zahlungen abgezogen. afp/red

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