Putin will längere Waffenruhe

Moskau/Kiew (dpa) - Mehr als 400 Menschen sind bei den Kämpfen in der Ostukraine schon getötet worden, schätzen die Vereinten Nationen. Eine Feuerpause soll das Blutvergießen stoppen, doch gehen die Gefechte weiter.

Putin will längere Waffenruhe
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Die Kanzlerin dringt auf eine OSZE-Mission zur Grenzkontrolle.

Der russische Präsident Wladimir Putin dringt darauf, die Feuerpause in der Ostukraine zwischen Armee und Aufständischen nochmals zu verlängern. In einem Telefonat mit Kanzlerin Angela Merkel und dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko regte Putin am Sonntag an, diesmal eine längerfristige Waffenruhe auszurufen. In Kiew demonstrierten hingegen Tausende dafür, die Militäroffensive wieder aufzunehmen, um die prorussischen Separatisten mit Waffengewalt in die Knie zu zwingen. Die Aufständischen ließen die letzten verschleppten Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wieder frei, darunter auch eine Deutsche.

Die bereits einmal von Poroschenko verlängerte Waffenruhe läuft an diesem Montag (21.00 Uhr MESZ) aus. Sie war am Wochenende mehrfach gebrochen worden - wofür sich die Konfliktparteien gegenseitig verantwortlich machen. Die Separatisten der selbst ernannten „Volksrepubliken Donezk und Lugansk“ verlangen als Vorbedingung für einen Friedensdialog mit Kiew den Abzug aller Regierungstruppen aus der Ostukraine.

Auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz in Kiew, dem Maidan, demonstrierten Medien zufolge am Sonntag Tausende Menschen gemeinsam mit Angehörigen freiwilliger Kampfverbände dafür, die am 20. Juni ausgerufene Waffenruhe zu beenden und wieder ins Gefecht gegen die Ausständischen zu ziehen. Viele Ukrainer werfen Poroschenko vor, dass die Feuerpause keine greifbaren Erfolge gebracht hat.

Bei einem für diesen Montag angesetzten neuen Krisentelefonat will Poroschenko mit Merkel, Putin und Hollande weitere Schritte besprechen. Am Sonntag berieten die Politiker auch über eine mögliche OSZE-Mission zur Kontrolle der ukrainisch-russischen Grenzübergänge, um den Nachschub von Waffen und Kämpfern in die Krisenregion zu stoppen.

In dem längeren Gespräch reagierten die vier Politiker laut Kreml erleichtert auf die Freilassung der letzten vier von insgesamt acht OSZE-Beobachtern. Sie waren Ende Mai in der Ostukraine verschleppt worden.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte am Samstagabend, die Deutsche und ihre Kollegen seien in Donezk in sicherer Obhut. Er dankte vor allem der OSZE, aber auch der trilateralen Kontaktgruppe, bei der Russland eine wichtige Rolle spiele. Der SPD-Politiker nannte die zunächst bis Montagabend verlängerte Waffenruhe ein positives Zeichen. Doch müssten die Waffen dauerhaft schweigen, um einer Verhandlungslösung eine Chance zu geben.

Poroschenko beklagte, die Aufständischen hätten die Feuerpause am Wochenende mehrfach gebrochen. Doch schoss die ukrainische Luftabwehr ihrerseits nach eigenen Angaben ein unbemanntes russisches Aufklärungsflugzeug über der Ostukraine ab. Die Drohne habe am Sonntagnachmittag die Grenzregion Lugansk ausspioniert, berichtete der prominente Militärexperte Dmitri Tymtschuk in Kiew.

Poroschenko kündigte am Wochenende die größte Reform der Verfassung seit 20 Jahren an. Ein Teil der Macht soll dezentralisiert werden und die Kommunen sollen deutlich mehr Befugnisse erhalten. Auch soll ein bedeutender Teil der Steuern in den Regionen bleiben und nicht mehr an die Machtzentrale Kiew fließen.

Bei der Reform werden nach seinen Worten auch geschichtliche und kulturelle Traditionen der jeweiligen Gebiete berücksichtigt. „Aber die einzige Amtssprache der Ukraine war, ist und wird die ukrainische Sprache sein“, betonte der Staatschef. Er reagierte damit auf Forderungen der russischsprachigen Minderheit, ihrer Sprache einen offiziellen Status einzuräumen.

Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge wurden seit Mitte April bis zum 20. Juni mindestens 423 Menschen im Ukraine-Konflikt getötet, darunter sowohl Soldaten als auch Zivilisten.

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