Putin ist wieder Chef im Kreml: Gegner protestieren

Moskau (dpa) - Rückkehr des „Zaren“: Bei einer prunkvollen Zeremonie im goldenen Thronsaal des Kreml hat Russlands starker Mann Wladimir Putin zum dritten Mal den Amtseid als Präsident abgelegt.

„Ich will alles dafür tun, das Vertrauen von Millionen unserer Bürger zu rechtfertigen“, sagte der 59-Jährige am Montag vor etwa 3000 Ehrengästen, darunter Altkanzler Gerhard Schröder und Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow. Zugleich schwor Putin seine Landsleute auf schwierige Zeiten ein. Nach Ablegen des Amtseids erhielt er auch den „Atomkoffer“, die Macht über das nach den USA zweitgrößte Nuklearwaffenarsenal der Welt.

Die etwa einstündige Zeremonie in dem mit Gold, Stuck und Leuchtern verzierten Andrejewski-Saal fand unter beispiellosen Sicherheitsvorkehrungen statt. Vor den Kreml-Mauern wurden bei neuen Anti-Putin-Protesten etwa 120 Menschen festgenommen. Erst am Vorabend waren bei Straßenkrawallen mehr als 400 Demonstranten in Gewahrsam genommen und etwa 80 Menschen verletzt worden. „Während in Paris der Machtwechsel friedlich gefeiert wird, werden in Moskau die Gegner der Macht verprügelt“, kritisierte Europapolitiker Werner Schulz (Grüne).

Nach vier Jahren als Regierungschef dauert Putins Amtszeit nach einer Verfassungsänderung nun sechs statt vier Jahre. In einem umstrittenen Ämtertausch soll der bisherige Staatschef Dmitri Medwedew, der als Putins politischer Ziehsohn gilt, an diesem Dienstag in das untergeordnete Amt des Regierungschefs wechseln.

Zwei Monate nach seiner von Manipulationsvorwürfen überschatteten Wahl schwor Putin auf die Verfassung, die Sicherheit und Unabhängigkeit des größten Landes der Erde zu schützen. Putin war bereits von 2000 bis 2008 Präsident der Energiegroßmacht gewesen. Da die Verfassung nur zwei Amtszeiten in Folge zulässt, hatte der Ex-Geheimdienstchef seit 2008 als Premierminister amtiert.

In ersten außenpolitischen Dekreten bot Putin den USA eine gleichberechtigte Zusammenarbeit an. Der begonnene „Neustart“ solle fortgesetzt werden, verfügte er pewr Ukas (Erlass). Darin bekräftigte er seine Ablehnung einer US-Raketenabwehr in Europa.

Im Verhältnis zur Europäischen Union wiederholte er seinen Plan vom gemeinsamen Wirtschaftsraum „vom Atlantik bis zum Pazifik“. Putin drängte die EU erneut zu einem schnellen Abbau der gegenseitigen Visa-Pflicht. Er gab zudem die Anweisung, dass in der Außenpolitik „Menschenrechte kein Druckmittel“ sein dürften.

Das Staatsfernsehen übertrug den Festakt im Großen Kremlpalast erstmals auf gleich sechs TV-Kanälen live. Putin schwor in einer Antrittsrede seine Landsleute auf schwierige Zeiten ein. „Die nächsten Jahre werden für das Schicksal Russlands auf Jahrzehnte hinaus entscheidend sein.“ Medwedews vierjährige Amtszeit bezeichnete er als erfolgreich. Beim Abgang aus dem Kreml schüttelte Putin die Hände zahlreicher Gratulanten. Unter den Gästen waren auch Italiens Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi und Putins Ehefrau Ljudmila.

Als ersten Gesprächspartner empfing Putin den Chef des Internationalen Olympischen Komitees IOC, Jacques Rogge. Die Olympischen Winterspiele 2014 im Schwarzmeerkurort Sotschi gelten für Putin seit jeher als Chefsache. Nach einem etwa sechs Millionen Euro teuren Festbankett mit Kaviar, Kamtschatka-Krabben, Wodka und Rotwein besuchte Putin mit Schröder und Berlusconi ein Eishockey-Spiel.

Mit dem Stabwechsel im Kreml trat auch die russische Regierung automatisch zurück. Nach der Zeremonie nominierte Putin den 46-jährigen Juristen Medwedew offiziell für das Amt des Regierungschefs. Als erste große Amtshandlung nimmt er an diesem Mittwoch als Oberbefehlshaber der Streitkräfte auf dem Roten Platz eine Militärparade zum Tag des Sieges über Hitlerdeutschland ab.

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