Proteste und Gewalt bei Putins Rückkehr in den Kreml

Die dritte Amtszeit als Präsident beginnt äußerst unruhig. Krawalle auf der Straße begleiten den Pomp der Amtseinführung.

Moskau. Im goldenen Thronsaal des Großen Kremlpalastes fühlt sich Wladimir Putin sicher vor den Protesten auf der Straße. Glanzvoll inszeniert das russische Staatsfernsehen die Rückkehr des 59-Jährigen als Kremlchef.

3000 Gäste klatschen, darunter Putins Freund, Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Der Präsident schüttelt beim Gang über den roten Teppich unzählige Hände. „Spassibo, Spassibo“ — „Danke, Danke“ — sagt er lächelnd. Er ist am Ziel.

Doch vor den Kremlmauern in der weiträumig abgesperrten Innenstadt ist die Stimmung eine andere. Gegner Putins fordern ein Ende seiner „Dauerherrschaft“ — und landen in Polizeigewahrsam. 120 Festnahmen allein am Montag. Davor am Vorabend der Amtseinführung gab es mehr als 400 Festnahmen und 80 Verletzte, weil bei Gewaltexzessen zwischen Polizei und Demonstranten Flaschen und Steine fliegen.

Unter den Gästen im Kremlpalast ist auch Friedensnobelpreisträger und Ex-Sowjetpräsident Michail Gorbatschow, der Putin in scharfer Kritik immer wieder vorgeworfen hatte, die Demokratie zu zerstören. Es müsse alles getan werden, um eine Spaltung der Gesellschaft zu verhindern. „Mich beunruhigt die Radikalisierung der Opposition“, sagt der 81-Jährige.

Auch Menschenrechtler sprechen nach den teils blutigen Szenen vom Sonntag von einer Tragödie. Polizei und Opposition geben sich gegenseitig die Schuld an der Eskalation. Am Tag von Putins Rückkehr in den Kreml kreisen Hubschrauber über dem Stadtzentrum.

„Wie viel Angst müssen unsere Machthaber haben, wenn wir uns nicht einmal mehr hier im Grünen aufhalten dürfen“, sagt der junge Anwalt Juri unter dem Lärm des Hubschraubers.

Die Frage, die sich nicht nur Politologen, sondern auch die Menschen auf der Straße stellen, ist die, ob der seit mehr als zwölf Jahren regierende Putin die Forderungen nach mehr Freiheiten und einem anderen Russland versteht.

Zwei Monate nach der als nicht lupenrein kritisierten Präsidentenwahl zieht Putin den Schlussakt der im September verkündeten Rochade durch. So umstritten der Ämtertausch mit seinem politischen Ziehsohn Dmitri Medwedew auch in Machtkreisen ist, das Finale läuft wie am Schnürchen.

Medwedew dankt planmäßig ab, Putin ernennt ihn zum Regierungschef. Die Staatsduma wird Medwedew wohl heute bestätigen. Experten bezweifeln, dass sich die selbstzufriedene Machtführung angesichts sprudelnder Gewinne aus dem Öl- und Gasgeschäft um andere als ihre eigenen Interessen kümmern wird.

Als wollte Putin das Gegenteil beweisen, unterschreibt er schon am ersten Tag Dutzende Dekrete zur künftigen Politik — zum Beispiel darüber, dass Wartelisten für Kindergartenplätze wegfallen.

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