Premier Harper abgelöst: Liberale gewinnen Wahl in Kanada
Ottawa (dpa) - Nach fast zehn Jahren im Amt haben die Kanadier ihren konservativen Premierminister Stephen Harper abgewählt - und dafür einem 43-jährigen Newcomer das Vertrauen geschenkt.
Die Liberalen mit ihrem Spitzenkandidaten Justin Trudeau gewannen bei der Parlamentswahl laut Prognosen vom Dienstag rund 40 Prozent der Stimmen und mehr als die Hälfte der 338 Wahlbezirke, so dass sie eine Mehrheitsregierung stellen können. Trudeau wird damit wohl Premierminister - wie es bereits sein Vater Pierre Trudeau mit einer Unterbrechung zwischen 1968 und 1984 war.
„Es ist Zeit für Veränderungen in diesem Land, echte Veränderungen“, sagte Trudeau vor Hunderten Anhängern in der ostkanadischen Metropole Montréal. „Ich werde der Premierminister aller Kanadier sein.“
Trudeau hatte seinen Wählern eine „positive Politik“ versprochen und will sich vor allem auf die Mittelklasse konzentrieren. Reiche sollen unter ihm höhere Steuern zahlen, staatliche Konjunkturspritzen die Wirtschaft ankurbeln. Dafür will Trudeau auch neue Staatsschulden in Kauf nehmen. Außerdem hat er im Wahlkampf versprochen, sich mehr für den Umweltschutz und den Kampf gegen den Klimawandel einzusetzen und sich besser um die Zusammenarbeit mit den Regionalregierungen und den Interessensvertretern der Ureinwohner zu kümmern. In all diesen Punkten vertrat Harper eine nahezu gegenteilige Linie.
Der bisherige Premierminister, der Kanada seit 2006 regierte und seitdem zweimal wiedergewählt worden war, erlebte ein Debakel. Seine Konservative Partei bekam den Prognosen zufolge nur rund 32 Prozent der Stimmen und verlor mehr als 60 Parlamentssitze. Bei der vorherigen Wahl 2011 hatte die Partei noch fast 40 Prozent der Stimmen und 166 Sitze geholt, diesmal reichte es nur noch für 99 Sitze.
Die Liberale Partei konnte ihren Stimmanteil dagegen von rund 20 auf 40 Prozent verdoppeln. Hatte sie 2011 nur 34 Sitze gewonnen, waren es diesmal 184. Die Wahlbeteiligung stieg von 61 auf 69 Prozent.