Paris für „robusten“ Syrien-Beobachtereinsatz

Paris/Beirut/Genf (dpa) - Zur Beendigung des blutigen Konflikts in Syrien hat Frankreichs Außenminister Alain Juppé „robust ausgerüstete“ UN-Beobachter gefordert.

Russland, das bisher jede militärische Intervention von außen strikt ablehnt, will mit einer neuen UN-Resolution die Zahl der Beobachter in Syrien auf immerhin 300 aufstocken. Die Vetomacht habe einen entsprechenden Entwurf in den Weltsicherheitsrat eingebracht, der bereits von den Mitgliedern diskutiert und über den möglicherweise schon am Samstag abgestimmt werde, sagte ein Sprecher des Moskauer Außenministeriums am Freitag nach Angaben der Agentur Itar-Tass.

Aus Syrien kamen von Aktivisten der Opposition Berichte über neue Truppenkonzentrationen sowie die Forderung nach einem militärischen Eingreifen der internationalen Gemeinschaft auch ohne UN-Mandat.

Juppé sagte dem TV-Nachrichtensender BFM, die UN-Beobachtertruppe solle etwa 500 Mann umfassen und auch über Helikopter verfügen. Frankreich liege dabei auf der gleichen Linie wie die USA und würde sich an einer derartigen Mission beteiligen. Ein solcher Einsatz könne dem Friedensplan von Sondervermittler Kofi Annan zum Erfolg verhelfen.

Der Präsidentschaftskandidat der Sozialisten, François Hollande, hatte zuvor angedeutet, dass er bei seiner Wahl einen Militäreinsatz in Syrien unter UN-Führung unterstützen würde. Am Vorabend hatte US-Außenministerin Hillary Clinton nach einem Treffen der Gruppe der „Freunde Syriens“ in Paris einen eventuellen Militäreinsatz angeregt.

Angesichts solcher Überlegungen forderten Politiker von SPD und Grünen in Deutschland eine Klarstellung der Bundesregierung. Es sollte erklärt werden, „ob es in der Koalition derzeit Überlegungen und Planungen für ein militärisches Eingreifen in Syrien gibt“, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, Handelsblatt Online. Die Spekulationen über militärische Eingriffe seien „weder angemessen noch hilfreich“.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte dazu am Freitagabend in Berlin, Außenminister Guido Westerwelle (FDP) setze unverändert auf eine politische Lösung. Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz, hält einen Militäreinsatz für unrealistisch. „Ich kann derzeit nicht erkennen, dass der UN-Sicherheitsrat ein Mandat für eine bewaffnete internationale Mission in Syrien beschließen würde“, sagte er.

Die Außenminister der EU wollen am Montag in Luxemburg über weitere Sanktionen gegen Syrien entscheiden. Dabei gehe es um einen Lieferstopp für Delikatessen wir Kaviar, Champagner, teure Weine oder Trüffel, sagten EU-Diplomaten in Brüssel. Allerdings sei noch nicht entschieden, ob diese Sanktionen tatsächlich beschlossen werden.

General Mustafa Ahmed al-Scheich, der Chef des Militärrats der sogenannten Freien Syrischen Armee, warf den Regierungstruppen vor, trotz der vereinbarten Waffenruhe jeden Tag auch von Zivilisten bewohnte Gebiete zu beschießen. Er rief in einem Video auf einer Oppositions-Website „Länder, die dem syrischen Volk nahestehen“ auf, eine Militärallianz zu bilden und auch ohne ein Mandat des UN-Sicherheitsrats „wichtige Einrichtungen des Regimes“ zu bombardieren.

Unterdessen berichteten Aktivisten, die Regierung von Präsident Baschar al-Assad habe über Nacht neue Truppen und Panzer in die Rebellenprovinz Homs verlagert. Die Truppen seien vor allem um die Stadt Al-Kusair nahe der libanesischen Grenze zusammengezogen worden, sagte Omar Homsi der Nachrichtenagentur dpa. Beobachter gehen von einem baldigen Angriff der Regierungstruppen auf die von Rebellen beherrschte Stadt aus.

Bei diversen Zusammenstößen im Land seien am Freitag insgesamt 45 Menschen getötet worden, berichteten Aktivisten und Staatsmedien. Darunter waren den Regierungsangaben zufolge mindestens 18 Soldaten.

Die vom ehemaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan ausgehandelte Waffenruhe gilt offiziell seit dem 12. April. Darin hatte sich die Regierung verpflichtet, inhaftierte Oppositionsaktivisten freizulassen und die Armee und schwere Waffen aus den von Rebellen kontrollierten Gebieten abzuziehen.

Internationale Helfer klagen indes, dass ihnen das Geld für die Versorgung Zehntausender syrischer Flüchtlinge ausgeht. Nicht einmal ein Fünftel der für die Syrien-Nothilfe veranschlagten 84 Millionen Dollar (66 Millionen Euro) seien von Geberländern bereitgestellt worden, berichtete das UN- Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Von 34 Organisationen, die an der Unterstützung der inzwischen rund 61 000 syrischen Flüchtlinge in benachbarten Ländern beteiligt seien, hätten bislang nur acht finanzielle Unterstützung von Geberstaaten erhalten, sagte UNHCR-Sprecherin Melissa Fleming. Die USA sagten nach Angaben des Außenministeriums in Washington weitere acht Millionen Dollar für humanitäre Hilfe für syrische Flüchtlinge zu.

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