Palästinenserhilfswerk schlägt Alarm wegen gestoppter US-Zahlungen

Der Direktor des UN-Hilfswerks warnt vor Chaos und Hunger im Gazastreifen. Es gebe derzeit nicht genügend Mittel, um die Versorgung von etwa einer Million Menschen mit Nahrungsmitteln sicherzustellen.

Palästinenser protestieren gegen das Einfrieren der millionenschweren US-Hilfen für das UN-Palästinenserhilfswerk (UNRWA) für palästinensische Flüchtlinge.

Palästinenser protestieren gegen das Einfrieren der millionenschweren US-Hilfen für das UN-Palästinenserhilfswerk (UNRWA) für palästinensische Flüchtlinge.

Foto: Wissam Nassar

Gaza. Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) schlägt wegen der eingefrorenen US-Finanzhilfen Alarm. Sollte Washington seinen Beitrag für die Nahrungsmittelhilfen nicht überweisen, drohe im Gazastreifen "ein dramatisches Chaos inklusive Hunger", sagte der UNRWA-Direktor in dem Palästinensergebiet, Matthias Schmale, der "Süddeutschen Zeitung" vom Montag. Bei einer Demonstration tausender UNRWA-Mitarbeiter in Gaza rief er US-Präsident Donald Trump auf, die humanitäre Hilfe nicht für politische Zwecke zu instrumentalisieren.

Es gebe derzeit nicht genügend Mittel, um die Versorgung von etwa einer Million Menschen im Gazastreifen mit Nahrungsmitteln sicherzustellen, sagte Schmale der "SZ". "Ein Großteil der Menschen ist wirklich von dieser Nahrungsmittelhilfe abhängig. Wenn das wegfällt, dann gibt es ein dramatisches Chaos inklusive Hunger."

60 Prozent jenes Budgettopfs, aus dem die Nahrungsmittelhilfen im Gazastreifen bezahlt werden, wurden bisher durch Zahlungen der USA abgedeckt. Mitte Januar kündigte Trump an, hierfür vorgesehene Mittel in Höhe von 45 Millionen Dollar vorerst nicht zu überweisen.

Die USA wollen nach Trumps Worten so lange Hilfen für die Palästinenser zurückhalten, wie diese nicht zu Friedensgesprächen mit Israel bereit seien. Bereits Mitte Januar hatten die USA ihre Zahlungen an das UNRWA um mehr als die Hälfte gekürzt: Washington überwies 60 Millionen Dollar, hielt zugleich aber weitere 65 Millionen Dollar zurück.

Tausende Lehrer, Ärzte und andere UNRWA-Mitarbeiter gingen am Montag in Gaza auf die Straße, um gegen die angedrohten Mittelkürzungen durch die USA zu protestieren. Der Zahlungsstopp bedrohe die Bildungsarbeit des Hilfswerks, mehr als eine halbe Million Kinder sei davon betroffen, warnten die Demonstranten. UNRWA-Direktor Schmale nannte den Protest eine "starke Botschaft an die Welt". Er appellierte an die USA, ihre Rolle als wichtigster Partner des Hilfswerks nicht aufzugeben. Die Hilfe für Millionen von armen Menschen dürfe nicht zum Spielball der Politik werden. "Schützen Sie die Investitionen - all diese Menschen bewirken etwas Gutes im Leben von Flüchtlingen", sagte Schmale an Trump gerichtet.

Das Ende 1949 gegründete UN-Hilfswerk finanziert unter anderem Krankenhäuser und Schulen für Palästinenser im Westjordanland, im Gazastreifen sowie in arabischen Nachbarländern wie Jordanien. Wegen ausbleibender US-Zahlungen gab es laut "Süddeutscher Zeitung" bereits Probleme, im Januar die Gehälter für die etwa 13.000 UNRWA-Mitarbeiter im Gazastreifen, darunter 8000 Lehrer, zu zahlen.

Notfallpläne sehen nun vor, die Zahl der Schüler pro Klasse von 40 auf 50 aufzustocken und die Schulen nach der Sommerpause bis zum Jahresende zu schließen, berichtete das Blatt. Ärzte könnten demnach gezwungen sein, täglich zwei Stunden mehr zu arbeiten und statt 80 dann 120 Patienten pro Tag zu behandeln.

Die Versorgungslage im Gazastreifen ist ohnehin angespannt. Ein Krankenhaus in Beit Hanun musste am Montag seinen Betrieb einstellen, da es seinen Generator wegen Treibstoffmangels nicht mehr betreiben konnte. Tausende Patienten mussten in andere Kliniken verlegt werden, wie die örtlichen Gesundheitsbehörden mitteilten. Der Gazastreifen leidet unter Stromknappheit, viele Haushalte und Einrichtungen müssen daher auf Generatoren zurückgreifen.

Die Energiekrise hatte sich im Juni verschärft, als die Palästinensische Autonomiebehörde ihre Zahlungen an den Stromlieferanten Israel einstellte. Anfang des Jahres erklärte die Autonomiebehörde, dass sie die Kosten wieder übernehme. bfi/fs AFP

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