Pakistans Verfassungsgericht spricht Premier schuldig

Islamabad (dpa) - Nach monatelangem juristischen Tauziehen hat das Verfassungsgericht in Pakistan Premierminister Yousaf Raza Gilani am Donnerstag wegen Missachtung des Gerichts schuldig gesprochen.

Dem Regierungschef wird vorgeworfen, vorsätzlich gegen richterliche Anordnungen verstoßen zu haben. Gemäß der pakistanischen Verfassung dürfen Verurteilte kein öffentliches Amt bekleiden.

Gilanis Anwalt Aitzaz Ahsan kündigt an, gegen das Urteil in Revision zu gehen. Das Verfahren könnte mehrere Monate dauern.

Ein freiwilliger Rücktritt Gilanis gilt vor diesem Hintergrund als unwahrscheinlich. Informationsminister Qamar Zama Kaira von der regierenden Pakistanischen Volkspartei (PPP) sagte zudem, es gebe keinen „moralischen“ Grund für den Premier seinen Posten zu räumen, da die Gerichtsentscheidung politisch motiviert gewesen sei.

Umstritten ist unter Juristen allerdings, ob er eventuell zu einem Rücktritt gezwungen werden kann. Die sieben Verfassungsrichter in Islamabad äußerten sich bei der Urteilsverkündung nicht dazu.

„Der Premierminister bleibt der Premierminister, selbst wenn er vom Gericht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wird“, sagte dagegen Anwalt Ahsan. Nur die Wahlkommission könne ihn des Amtes entheben.

Gilani hatten bis zu sechs Monate Haft gedroht. Das Gericht verhängte dann aber nur eine symbolische Strafe. Das Premier wurde verurteilt, in der Gewalt der Justiz zu verbleiben, solange die Verhandlung andauert. Diese endete nach knapp einer Minute, so dass er den Gerichtssaal als freier Mann verlassen konnte.

Während Gilani vor dem Gerichtsgebäude von zahlreichen Anhängern gefeiert wurde, forderte Oppositionsführer und Ex-Premier Nawaz Sharif vor Reportern dessen sofortigen Rücktritt. Der Regierungschef sei verurteilt worden und müsse den Weg für Neuwahlen freimachen. Die Parlamentswahlen sind bislang für das Frühjahr 2013 geplant.

Gilani war im Februar vor dem Verfassungsgericht angeklagt worden. Grund dafür war dessen jahrelange Weigerung, die Behörden in der Schweiz offiziell um die Wiederaufnahme eines Geldwäscheverfahrens gegen Präsident Asif Ali Zardari zu bitten. Nach Ansicht der Regierung genießt Zardari als amtierendes Staatsoberhaupt Immunität. Die Richter interpretieren den entsprechenden Artikel der pakistanischen Verfassung jedoch anders, was den Konflikt auslöste.

Zardari und dessen 2007 ermordete Ehefrau, die Ex-Regierungschefin Benazir Bhutto, waren im Jahr 2003 in der Schweiz wegen Geldwäsche zu jeweils sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Beide hatten die Anschuldigungen zurückgewiesen und Berufung eingelegt.

Das Revisionsverfahren des Schweizer Gerichts wurde eingestellt, nachdem der damalige Präsident Pervez Musharraf ranghohen Politikern von Bhuttos PPP eine Amnestie eingeräumt hatte. Auch Zardari profitierte von der umstrittenen Abmachung, die vom pakistanischen Obersten Richter heftig kritisiert wurde. 2008 beerbte Zardari schließlich Musharraf als Staatschef. Seitdem schwelt ein Machtkampf zwischen Teilen der Justiz und der regierenden PPP.

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