Nordkoreas Machthaber lässt seinen Onkel hinrichten

Seoul (dpa) - Nordkoreas Diktator Kim Jong Un hat seinen ehemals einflussreichen Onkel wegen Hochverrats hinrichten lassen. Ein Militärtribunal habe Jang Song Thaek am Donnerstag zum Tode verurteilt, berichteten die Staatsmedien am Freitag.

Das Urteil sei sofort vollstreckt worden.

Nach Meinung von Experten ist in Nordkorea ein Machtkampf im Gange, in dem es noch weitere Opfer geben könnte. Beobachter glauben, dass der etwa 30 Jahre alte Kim mit der jüngsten politischen Säuberung seine Stellung gestärkt hat. Das US-Außenministerium bewertete die Hinrichtung als Zeichen der „extremen Brutalität“ des Regimes in Pjöngjang.

Jang habe parteifeindliche und konterrevolutionäre Handlungen begangen, „um die Führung unserer Partei, des Staates und des sozialistischen Systems zu stürzen“, berichteten die Staatsmedien. Der 67-Jährige habe seine Taten gestanden.

Jang galt lange als graue Eminenz des Regimes und eine der schillerndsten Figuren im inneren Machtzirkel. Er war mit Kim Kyong Hui, der jüngeren Schwester des im Dezember 2011 gestorbenen Diktators Kim Jong Il, verheiratet. Erst am Montag waren ihm im Zuge einer Entmachtung alle Ämter und Titel entzogen worden.

Südkorea und China äußerten sich angesichts der Vorgänge in Nordkorea besorgt. Aus Deutschland kam Kritik: „Die Todesstrafe ist nach Sicht der Bundesregierung kein angemessenes Mittel der Strafe“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amts, Martin Schäfer, in Berlin.

Jang wurde vorgeworfen, bereits seit dem Tod des früheren Machthabers und Vaters von Kim Jong Un, Kim Jong Il, vor zwei Jahren auf eine Machtübernahme hingearbeitet zu haben. Er wurde in den Medien als „Verräter“ und „abscheulicher menschlicher Abschaum, der schlimmer als ein Hund war“, beschimpft.

Bis vor kurzem war Jang noch Vize-Vorsitzender der mächtigen Nationalen Verteidigungskommission gewesen und hatte enge Kontakte zu China unterhalten. Weiter wurden ihm Fraktionsbildung, Korruption, Verschwendung von Devisen, unzüchtiger Umgang mit mehreren Frauen, Spielsucht und Ausverkauf von Rohstoffen an China zur Last gelegt. Nach Informationen des südkoreanischen Geheimdienstes wurden im November zwei enge Gefolgsleute von Jang hingerichtet.

Südkorea sorgt sich besonders um die Stabilität im weithin abgeschotteten Nachbarland. „Wir werden uns auf alle Eventualitäten vorbereiten“, sagte ein Sprecher des Vereinigungsministeriums in Seoul nach einem Treffen von Ministern und Sicherheitsberatern.

Die jüngsten Vorgänge im Nachbarland könnten Provokationen des Regimes nach sich ziehen, warnte Südkoreas Verteidigungsminister Kim Kwan Jin. „Der Fall kann als Teil der Schreckensherrschaft durch Kim Jong Un gesehen werden“, sagte Kim laut der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap vor dem Verteidigungsausschuss des Parlaments. Kim Jong Un wolle seine Machtstellung mit eiserner Faust festigen. Es seien jedoch bisher keine ungewöhnlichen Bewegungen der nordkoreanischen Volksarmee beobachtet worden.

Das US-Außenministerium bewertete die Hinrichtung als Zeichen der „extremen Brutalität“ des Regimes. Die US-Regierung verfolge die Vorgänge sehr genau, hieß es in einer Stellungnahme der stellvertretenden Ministeriumssprecherin Marie Harf. Ein Außenamtssprecher in China sagte, Peking wolle Stabilität auf der koreanischen Halbinsel. Der Sprecher betonte, es handle sich bei den Vorgängen in Pjöngjang um eine interne Angelegenheit.

Eine unabhängige Bestätigung der Berichte über die Hinrichtung gibt es nicht. Nach Informationen des südkoreanischen Senders Free North Korea Radio (FNK), der von nordkoreanischen Flüchtlingen betrieben wird, ließ das kommunistische Regime den 67-jährigen Jang und einige seiner Gefolgsleute bereits in der vergangenen Woche hinrichten. Bilder des Staatsfernsehens, die die Festnahme Jangs am vergangenen Sonntag bei einer Sitzung des Politbüros der herrschenden Arbeiterpartei zeigten, seien manipuliert gewesen, hatte FNK am Dienstag berichtet.

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