Neues Flüchtlingsdrama im Mittelmeer

Paris/Tunis (dpa) - Nach der Havarie eines Flüchtlingsbootes vor der nordafrikanischen Küste werden bis zu 270 Menschen vermisst. Die tunesische Küstenwache sowie Armeeeinheiten hatten in einer dramatischen Rettungsaktion zunächst rund 570 Passagiere in Sicherheit bringen können.

Mindestens zwei Flüchtlinge wurden tot geborgen - von den übrigen Menschen fehlt weiter jede Spur.

Das Flüchtlingsboot war am Vortag nach einer Motorpanne bei schlechtem Wetter etwa 20 Seemeilen von der Küste entfernt bei den Kerkenna-Inseln in Seenot geraten. Es hatte zuvor von der libyschen Küste aus Kurs auf die italienische Insel Lampedusa genommen. Als tunesische Rettungskräfte mit Schlauchbooten kamen, brach nach Behördenangaben an Bord des Fischkutters eine Massenpanik aus. Das Boot kenterte dadurch.

Mehrere der Geretteten mussten wegen ihrer Verletzungen in ärztliche Behandlung. Unter den geborgenen Flüchtlingen afrikanischer und asiatischer Herkunft sollen auch Schwangere und Kinder gewesen sein.

Italienischen Medienberichten zufolge konnten sich die Rettungseinheiten nur in kleinen Schiffen und Schlauchbooten dem havarierten Kutter nähern, da er sich in flachem Wasser befand. Nur langsam seien zunächst Frauen und Kinder vom sinkenden Boot in Sicherheit gebracht worden. In Panik hätten sich daher viele der Schwarzafrikaner in die dunklen Fluten gestürzt.

Nur 130 Kilometer von der tunesischen Küste entfernt gelegen ist Lampedusa seit langem für viele Verzweifelte ein „Tor nach Europa“. Seit Beginn der Unruhewelle in Nordafrika im Januar strömten nach jüngsten Angaben des italienischen Innenministeriums über 42 000 Immigranten nach Italien, davon über 33 000 allein nach Lampedusa. Seit Rom und Tunis im April ein Abschiebeabkommen geschlossen haben, stammen die Flüchtlinge zunehmend aus dem Kriegsgebiet in Libyen.

Die Überfahrt übers Mittelmeer gilt als extrem gefährlich. Oft sind die Boote der Migranten wenig seetauglich, fast immer sind sie völlig überladen. Viele der Afrikaner können nicht schwimmen. Von den Katastrophen erfährt man in Europa oft nur, wenn es Überlebende gibt, oder durch im Meer treibende Leichen.

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