Herabstufung durch Moody's : Kritik an Mays Brexit-Rede
London/Wolfenbüttel (dpa) - Einen Tag nach ihrer Grundsatzrede zum EU-Austritt Großbritanniens haben Politiker und Wirtschaftsvertreter deutlich mehr Klarheit von der britischen Premierministerin Theresa May gefordert.
Außenminister Sigmar Gabriel nannte die am Freitag in Florenz gehaltene Rede „enttäuschend. „Langsam läuft uns die Zeit weg“, sagte Gabriel am Samstag in Wolfenbüttel. Über mögliche Übergangsfristen könne erst geredet werden, wenn neben der Schlussrechnung auch die Rechte der EU-Bürger in Großbritannien und die Ausgestaltung der neuen EU-Außengrenze zwischen dem britischen Nordirland und der Republik Irland geklärt seien. Ähnlich hatte sich zuvor Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron geäußert.
Gabriel sagte, er habe die Sorge, dass Machtspiele innerhalb der britischen Konservativen eine Lösung verhinderten. Er hoffe darauf, dass Großbritannien im europäischen Binnenmarkt bleiben könne. Voraussetzung dafür sei aber die Anerkennung des Europäischen Gerichtshofs und der Arbeitnehmerfreizügigkeit.
In ihrer Rede hatte May in Florenz nach dem Brexit eine etwa zweijährige Übergangsphase vorgeschlagen. Sie deutete an, dass London in dieser Zeit weiter in den EU-Haushalt einzahlen werde und so im Binnenmarkt bleiben könnte. Das soll „wertvolle Sicherheit“ unter anderem für Firmen schaffen. EU-Ausländer sollen sich auch während der Brexit-Übergangsphase in Großbritannien niederlassen dürfen. In einem Interview mit der römischen Zeitung „La Repubblica“ (Samstag) äußerte sich May optimistisch über künftige Handelsbeziehungen.
Der Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Martin Wansleben, verlangte mehr Planungssicherheit für Unternehmen. „Frau May hat nur bei den Rechten der EU-Arbeitnehmer etwas Licht ins Dunkel gebracht. Zugleich hat sie neue Nebelkerzen gezündet. Noch immer wissen wir nicht, wie sich die britische Regierung ihre Übergangsphase von zwei Jahren vorstellt und was anschließend folgen soll“, sagte Wansleben der Deutschen Presse-Agentur.
Nach den Worten des Grünen-Chefs Cem Özdemir sind die konkreten Vorstellungen Londons nach wie vor unbekannt. Der europapolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Stübgen, beklagte, dass Mays Rede keine neue Dynamik in die Gespräche bringen werde.