König, Kommunist, Lebemann

Der frühere König Sihanuk war ein politisches Chamäleon. Am Montag starb er — kurz vor seinem 90. Geburtstag.

Phnom Penh. Zwei Wochen vor seinem 90. Geburtstag ist der frühere König von Kambodscha, Sihanuk, gestorben. Der als Vater der Nation verehrte Alt-Monarch erlag nach monatelanger Behandlung gestern in Peking einem Herzversagen, teilte die Regierung in Phnom Penh mit. Sihanuks Sohn, König Sihamoni, werde den Leichnam aus Peking zurück in die Heimat begleiten.

Sihanuk war eine der schillerndsten Persönlichkeiten der jüngeren kambodschanischen Geschichte: Als König, Sozialist, Premierminister, Kommunist, Präsident, Rote Khmer-Befürworter, dann Gefangener und schließlich wieder König hat er die Geschicke seines Landes seit der Unabhängigkeit 1953 maßgeblich geprägt. Er ließ sich zwei Mal krönen und dankte zwei Mal ab: erst aus politischen, dann 2004 aus Altersgründen zugunsten von Sihamoni. Dieser ließ sich in Prag in den 60er und 70er Jahren zum klassischen Tänzer ausbilden und hatte mit dem Königsthron lange nichts am Hut.

Sihanuk galt Kritikern als politisches Chamäleon, das seine Farben zu oft wechselte. Er bestieg den Thron unter den französischen Kolonialherren, ehe er die Unabhängigkeit verlangte. Er dankte ab, um politisch aktiv werden zu können und läutete eine 15-jährige Modernisierungsphase ein, die trotz Kampagnen gegen Oppositionelle und Presse später als Goldenes Zeitalter Kambodschas bezeichnet wurde. Sein Verteidigungsminister Lon Nol stürzte ihn 1970.

Sihanuk hielt es im Vietnamkrieg erst mit den Amerikanern, dann mit den Vietnamesen. In den 70er Jahren unterstützte er nach seiner Vertreibung ins Exil aus Peking die Roten Khmer-Steinzeitkommunisten. Er wurde das erste Staatsoberhaupt des Schreckensregimes, das in fast vier Jahren Herrschaft bis 1979 fast ein Viertel der Bevölkerung ausrottete — darunter mindestens fünf Enkel Sihanuks. Die Roten Khmer stellten ihn bald unter Hausarrest, er flüchtete und verbrachte Jahre in Vietnam, China und Nordkorea. 1991 versöhnte er sich mit dem heutigen Regierungschef Hun Sen und kehrte in die Heimat zurück.

Privat war Sihanuk ein Lebemann. Mindestens fünf Ehen sind bekannt und mehr als ein Dutzend Kinder. Seit 1955 war er mit Monique, der Tochter eines französisch-italienischen Bankers verheiratet. Dem Volk präsentierte er sich bis zum Schluss als Genießer: Auf seiner Webseite gibt es Kostproben seiner Versuche als Regisseur und seiner Sangeskunst: Mit samtener Stimme gibt er selbstkomponierte Liebesschnulzen auf Französisch und Englisch zum Besten. Von „Kalte Nacht“ bis „Abendwind“ — es geht immer um die ewige Liebe.

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