Juncker: Griechenland-Krise könnte übergreifen

Berlin (dpa) - Die Einbeziehung der Banken in die Griechenlandhilfe bleibt heftig umstritten. Kanzlerin Merkel (CDU) hatte am Freitag mit Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy vereinbart, mit der Europäischen Zentralbank (EZB) über eine freiwillige Beteiligung der privaten Gläubiger zu sprechen.

Der Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker mahnt, die Banken nicht zu zwingen, damit die Schuldenkrise nicht auf Belgien und Italien überspringe.

Eine Bankenbeteiligung an weiteren Finanzhilfen könnte dazu führen, dass die Ratingagenturen Griechenland als zahlungsunfähig einstuften, sagte der luxemburgische Premierminister der „Süddeutschen Zeitung“ (Wochenendausgabe). „Die Pleite kann Portugal anstecken und Irland und dann wegen der hohen Schulden auch Belgien und Italien, noch vor Spanien.“ Die Ratingagentur Moody's droht Italien bereits mit einer Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit von derzeit „Aa2“. Italien hat mit 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nach Griechenland den höchsten Schuldenstand in der Eurozone.

Möglicherweise braucht Athen neben dem aktuellen Hilfspaket weitere 120 Milliarden Euro. Deutschland stünde für ein Fünftel gerade. Sollten die Ratingagenturen eine Bankenbeteiligung als Kreditausfall werten, dürfte die EZB griechische Anleihen nicht mehr als Sicherheiten akzeptieren. Dann könnten griechische Banken zusammenbrechen.

Die CSU tritt bei der künftigen Griechenlandhilfe grundsätzlich auf die Bremse. „Sorgfalt geht vor Schnelligkeit. Was Griechenland braucht, sind keine Schnellschüsse, sondern ist solide Hilfe, um wieder auf die Füße zu kommen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Es gebe keine Zeitnot: „Es wäre richtig, sich mit der Auflage eines neuen Hilfsprogramms auch die nötige Zeit zu lassen.“ Er erwarte, dass sich der Bundestag nach der Sommerpause mit dem Thema befassen werde.

Die Garantien der Euro-Länder für Athens Schulden könnten nach Ansicht des FDP-Finanzpolitikers Frank Schäffler den deutschen Staat mit Milliarden belasten. Es würden „echte Kosten von 65 Milliarden Euro drohen, wenn nicht sofort eine harte Umschuldung“ mit Kürzung erfolge, sagte Schäffler der „WirtschaftsWoche“. Bis 2015 würden Athens Schulden von 350 auf 470 Milliarden Euro steigen.

Da sich die Banken bis dahin von ihren Staatsanleihen getrennt hätten, bliebe der Steuerzahler als Gläubiger übrig, warnte Schäffler. Auf Deutschland entfielen bei einem EZB-Anteil von 28 Prozent 130 Milliarden Euro. Bei einem Schuldenschnitt von 50 Prozent fielen 2015 also 65 Milliarden Euro Verlust an. Deshalb will Schäffler eine sofortige Umschuldung mit dem gleichen Schnitt. Das würde Deutschland jetzt 15 Milliarden Euro kosten. Außerdem wären private Gläubiger zum großen Teil mit im Boot.

Der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold, wirft den Banken Wortbruch in der Griechenlandkrise vor. Gegen ihr Versprechen hätten die Banken ihr Engagement schon um ein Drittel auf zehn Milliarden Euro gesenkt, sagte Giegold am Samstag im Deutschlandradio Kultur. Die Politik solle daher mit freiwilligen Absprachen aufhören und wieder Regeln „setzen, die man auch durchsetzt“. Die Banken trieben die Politik vor sich her.

Der finanzpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Klaus-Peter Flosbach (CDU) sagte der „Frankfurter Rundschau“, die Beteiligung privater Gläubiger dürfe „nicht so weit gehen, dass hierdurch eine viel schwerere Krise für die Eurozone ausgelöst“ werde. Der CDU/CSU-Obmann im Bundestagsfinanzausschuss, Hans Michelbach, forderte in Berlin schnelle Gespräche mit der Finanzbranche über einen substanziellen Beitrag. Als Vorbild nannte Michelbach die Wiener Vereinbarung 2009. Damals hatten sich Banken freiwillig verpflichtet, für auslaufende Anleihen Ungarns, Rumäniens und Lettlands neue Anleihen im gleichen Umfang zu zeichnen.

Michelbach riet Griechenland zudem, alle Staatsunternehmen auf eine internationale Privatisierungsagentur unter Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Union zu übertragen. Das garantiere die notwendigen Privatisierungen. „Zweitens können Gläubigern, die sich konstruktiv an einer Lösung beteiligen, zusätzliche Sicherheiten geboten werden.“

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